26.06.2015 – Wir crowdfunden! Juhu! Klingt nach viel Spaß, ist es auch, aber mit jeder Menge Horror kombiniert. Ihr könnt diesen Horror hier auf social-startups.de in einer vierwöchigen Reihe hautnah begleiten. Der ganz normale Wahnsinn. Gerade sind wir gestartet (www.startnext.com/swopteam), doch schon der Weg bis dahin war ein ganz schöner Höllentrip.
Wir sind ein junges Startup mit viel Motivation und Spaß an unserer Sache. Digitaler Flohmarkt… Seit eBay Kleinanzeigen nichts Neues. Aber Flohmarkt APP, auf der gebrauchte Gegenstände nicht verkauft, sondern dafür Geldspenden an soziale Organisationen getätigt werden? Schon besser. Aber wo ist das Geschäftskonzept? Neues Fundraising für soziale Organisationen, die so schwierig verwertbare Gegenstände zu Geldspenden machen – könnte klappen, aber ist ein langer Weg. Zum Laufen braucht man Geld. Deshalb Crowdfunding. Viel beschworen, viel verdammt, auf jeden Fall mit einer Menge Bauchschmerzen dahinter.
Wir (Matthias, Tom, Chris, Kes und Thomas) haben alle schon Berufserfahrung auf dem Buckel. Im SWOP-Team kreuzen sich Luftfahrtingenieure mit Werbetextern, Kommunikationsdesigner mit IT-Heroes. Dachten am Anfang, wir schmeißen das alles in einen Topf, rühren dreimal um und fertig. Leider ist das Startup-Dasein im Quadrat tausendmal schwieriger. Erstes Jahr am Geschäftskonzept geschraubt, APP programmiert, am Netzwerk und Außenauftritt gestrickt, social impact start Stipendium gewonnen, viel Schulterklopfen, Resonanz auf dem Konto: Null.
So viele ungenutzte Gegenstände in Deutschland, so viel Bedarf bei sozialen Projekten an konkreter finanzieller Hilfe – eine Gleichung, die, wäre es nach uns gegangen, quasi von selbst hätte aufgehen sollen. Tat sie aber nicht. Tun sie im Leben wohl generell nicht. Die APP muss benutzerfreundlicher werden, eine webbasierte Anwendung muss her, mehr Funktionen, mehr Reichweite, um den Prozess des Inserierens, Abholens und Spendens noch leichter und mit noch größerem Mehrwert für jeden Nutzer und für jede soziale Organisation zu gestalten. Fast 40 betreuen wir bereits bundesweit. Über 400 000 gibt es insgesamt. Deshalb jetzt Crowdfunding. Um unsere Idee zu verbreiten, die im Kleinen Großes bewirkt, wenn nur viele mitmachen. Klingt nach einer Phrase, ist es aber nicht. Könnte eine Bewegung sein, aber zuerst muss natürlich das Produkt stimmen.
Wir haben die Plattform Startnext ausgewählt. Mehrere Plattformen, wie u.a. Indiegogo oder Kickstarter verglichen, aber Startnext passte einfach am besten zu uns. Deren Profil: Kreative Projekte, nachhaltige Ideen und innovative Produkte. Startnext kooperiert zudem mit unserem Förderprogramm social impact start.
Nächster Schritt: Die konkrete Erstellung der Kampagne.
Unser erstes Ziel war es hier, unserem Produkt ein Gesicht zu geben. Etwas, worüber Emotionen transportiert werden. Wir kamen auf die Idee, als wir in unserem Büro herumschauten, da stand sie, direkt vor uns, unsere alte, aber immer noch treu leuchtende Schreibtischlampe mit hängendem Kopf. Unsere Idee nun, das Storytelling dahinter: Die Lampe leuchtet, kann also noch ihre Umwelt erhellen, aber wird in unserer Geschichte durch eine neue ersetzt. Traurige Sache. Lampe steht im Regen mit hängendem Kopf. Mit uns, also der SWOP-Team APP, kann sie nun ihr Leuchten fortsetzen, indem sie über den Flohmarkt einen neuen Besitzer findet und gleichsam eine Geldspende generiert. Die Lampe ist zwar jetzt keine Person, aber dennoch mit personifizierenden Eigenschaften versehen.
Unser daraus resultierender Kampagnen-Slogan spricht genau darauf an: „Mach Schluss mit deiner Alten! Aber mach es richtig!“ Die Lampe ist personifiziert als „deine Alte“ – das ist mehrdeutig, witzig und hat im Wort „richtig“ eben auch den Aspekt der sinnvollen Weiterverwendung mit drin. Ist auch passend für unsere junge Zielgruppe (18 – 39 Jahre), die wir mit unserem modernen Medium APP catchen wollen. So glauben und hoffen wir jedenfalls.
Was noch fehlt: Genau, das Video, enorm wichtig für eine erfolgreiche Kampagne, da Botschaft und Emotion über bewegte Bilder immer noch am schnellsten transportiert werden können. Aber – wie immer – leichter gesagt als getan. Für einen Videodreh mit professioneller Unterstützung hätten wir nach unseren Recherchen locker zwischen 3000 bis 5000 Euro auf den Tisch legen müssen. Zuviel für unser Startup.
Deshalb Eigenproduktion. Drei volle Wochenenden Drehen, Schneiden, nochmal Drehen, Nachvertonen usw. Obwohl wir bereits mehrfach im Vorfeld das Video (bei dem ein oder anderen Glas Wein ;-)) durchgesprochen und uns viele Notizen gemacht haben, haben wir erst am letzten Abend vor dem ersten Drehtag gemerkt, dass wir noch unterschiedliche Interpretationen von verschiedenen Szenen im Kopf hatten. Hilft nichts, nach 4 Stunden und 2 Flaschen Bier für jeden, haben wir kurz vor knapp noch ein gemeinsames Drehbuch entworfen.
Obwohl wir nicht viel Budget hatten, wollten wir das bestmögliche Ergebnis rausholen. Jeder hat hier sein bisschen Laien-Filmerfahrung rausgeholt. Verschiedene Kameraeinstellungen, witzige Story, gut getimte Schnitte, ungewöhnliche Blickwinkel – das alles gefühlte tausend Mal gedreht (Chris musste etwa für eine Szene zwanzig Mal eine Treppe hoch und runter laufen, mit Sprechtext!): Das Ergebnis war dann aber echt cool, sicher nicht professionell, aber für unsere Zwecke super passend.
So, Vorphase der Kampagne abgeschlossen. Freitagabend, alles fertig, jetzt schnell die Kampagne online stellen, einmal tief durchatmen und los geht’s!