Sozialunternehmen haben kaum finanzielle Reserven und scheinen doch erstaunlich widerstandsfähig. Eine Studie der EBS Universität mit deutschen Sozialunternehmen in der Corona-Krise zeigt, dass die Unternehmen durch ein ständiges Balancieren von sozialer Wirksamkeit und finanzieller Sicherheit zwar bereits krisenerprobt sind, nun aber vor ganz neuen Herausforderungen stehen. Das bestätigt ebenso die 2020 abgeschlossene Umfrage für den Deutschen Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschlands (SEND).
Der Ausbruch des Corona-Virus und die damit einhergehenden gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen treffen benachteiligte Menschen besonders hart: Alte und Kranke, sozial Schwache, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderung, Geflüchtete. In Deutschland brachen bereits während des ersten Shutdowns im März und April wichtige Unterstützungsangebote weg. Die CoronaPandemie stellt für viele Sozialunternehmen in Deutschland eine existentielle Bedrohung dar – sie stehen nun wieder einem gestiegenen Bedarf ihrer Zielgruppen und gleichzeitig wegbrechenden Einkünften gegenüber. Das bestätigt auch die gerade abgeschlossene Umfrage für den Deutschen Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) 2020. Knapp 48% der 428 teilnehmenden Sozialunternehmen betrifft die Schließung von Geschäften und Einrichtungen sowie die Absage von Veranstaltungen. Die Verkaufszahlen sinken und InvestorInnen sind verunsichert.
Sozialunternehmen bereits gut in Krise aufgestellt
Doch für nur wenige ist es die erste Krise. Ob junges Start-up oder langjährig bestehendes Sozialunternehmen, die Sicherung der Finanzierung ist für sie fortwährend ein Thema. Sozialunternehmen wollen auf unternehmerische Weise sozialen Mehrwert generieren. Abhängig von der gewählten Unternehmensform gilt es entweder von Projektförderung zu Projektförderung zu planen oder beständig soziale Wirkung und verfügbare Mittel auszutarieren. In der wissenschaftlichen Studie mit 15 GründerInnen und GeschäftsführerInnen von deutschen Sozialunternehmen untersuchten Prof. Dr. Karin Kreutzer und Doktorandin Katja Friedrichs von der EBS Universität, mit welchen Maßnahmen die Unternehmen erfolgreich durch die Krise kommen und welche Mittel sie stark machen. Die gewonnen Erkenntnisse zeigen, dass Partner und bestehende Netzwerke, die Kommunikation der Notlage nach außen, eine hohe Flexibilität und Innovationskraft und der unbedingte Wille zu helfen organisationale Resilienz erzeugen. Die Studie dokumentiert außerdem, dass viele Sozialunternehmen bereits über eine starke Resilienz verfügen – entstanden durch überwundene finanzielle Krisen und durch ihre Bestrebungen, gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Die wissenschaftlich belegte Fähigkeit von Sozialunternehmern, innovative Lösungen für komplexe soziale Probleme auch gegen Widerstände umzusetzen, kommen ihnen nun in der Krise zu Gute. So gelang es vielen, schnell innovative Digitalangebote zu schaffen und neue Finanzierungen zu akquirieren.
Sozialunternehmen mit Angeboten über persönlichen Kontakt besonders betroffen
Empfindlich trifft es aber besonders Sozialunternehmen deren Geschäftsmodell nur schwer an die veränderten Bedingungen angepasst werden kann, wie zum Beispiel kulturelle Einrichtungen und Angebote, bei denen der persönliche Kontakt unverzichtbar ist. Sie sind ebenso auf staatliche Unterstützung angewiesen, wie auch klassisch profitorientierte Unternehmen, die vorübergehend ihre Türen schließen müssen. Nachdem die gemeinnützig orientierten Unternehmen viele staatliche Hilfsprogramme auf Grund der Förderbedingungen nicht in Anspruch nehmen konnten, bleibt die Hoffnung, dass der neu für Sozialunternehmen aufgelegte Corona-Teilhabe-Fonds oder die KfWCorona-Hilfe für gemeinnützige Organisationen hier Abhilfe schaffen.
Neue Chancen durch Corona
Die Sichtbarkeit von Sozialunternehmen ist seit dem Ausbruch von Corona gestiegen. Das liegt nicht zuletzt an den zusätzlichen Angeboten, die laut DSEM 2020 mehr als 40% der teilnehmenden Sozialunternehmen in der Krise für ihre Zielgruppen entwickelt haben. Zusätzlich gibt es Neugründungen, die speziell darauf ausgerichtet sind, Lösungen für die Herausforderungen im Zusammenhang mit COVID-19 zu finden. Wie stark der Sektor aus der Krise gehen kann, hängt von den nächsten Wochen und Monaten ab. Am Willen der Sozialunternehmen wird es nicht scheitern.
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