Nachrichtenlose Vermögenswerte und die damit verbundene Förderung von sozialen Innovationen und Social Entrepreneurship gewinnt in der öffentlichen Diskussion immer mehr an Brisanz. Die Nutzung des Potentials brachliegender Milliarden beschäftigt auch die Politik.
Die Lösung unserer gesellschaftlichen Herausforderungen – gerade auch in Zeiten der Corona-Krise – bedarf unbestritten kreativer Köpfe und sozialer Innovationen. Eine passende finanzielle Förderung fehlt jedoch oft. Ein möglicher Schlüssel zum Erfolg könnte in der zielgerichteten Unterstützung von Sozialunternehmer*innen durch einen Social Impact Fonds liegen, der sich über die bislang ungenutzten nachrichtenlosen Vermögenswerte finanziert. Die vorliegende zweite Ausgabe eines Reformvorschlags zur Verwendung nachrichtenloser Vermögenswerte zeigt dezidiert auf, was Deutschland von anderen Ländern lernen und wie die Implementierung eines Social Impact Fonds gelingen kann.
Nachrichtenlose Vermögenswerte für soziale Innovationen
In Deutschland liegt ein Förderpotential von bis zu neun Milliarden Euro in Form nachrichtenloser Vermögenswerte brach. Hierbei handelt es sich um Bankkonten und – depots, bei denen die Finanzdienstleister den Kontakt zu den Kund*innen verloren haben. Beispielsweise wenn die Kontoinhaber*innen verstorben und den Erb*innen die Vermögenswerte unbekannt sind oder die Kund*innen nach einem Umzug schlichtweg vergessen haben, ihre Bank zu benachrichtigen. Während diese „vergessenen Gelder“ in anderen Staaten produktiv für das Gemeinwohl eingesetzt werden, existieren in Deutschland bisher keine verbindlichen Richtlinien für den Umgang mit nachrichtenlosen Assets. Dies soll sich nun ändern.
[su_pullquote]„Gerade in Zeiten der Corona-Krise ist die Finanzierung sozialer Innovationen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und die Lösung der anstehenden Herausforderungen unabdingbar. Dringend benötigtes Kapital auf „toten“ Konten nicht zu nutzen, wäre fatal für unsere Zukunft.“ – Markus Sauerhammer, 1. Vorstand Social Entrepreneurship [/su_pullquote]
Von anderen lernen
Da bereits alle anderen G7-Staaten sowie 46 Prozent der OECD-Länder gesetzliche Regelungen für die Verwendung nachrichtenloser Vermögenswerte haben, kann Deutschland von einem großen Erfahrungsschatz profitieren. In dem vorliegenden Bericht werden daher fünf Staaten und deren unterschiedliche Systeme anhand von vier Hauptkriterien (Rechtssystem, wirtschaftliche Ergebnisse, soziale Effekte und Portfoliomanagement) auf ihre Übertragbarkeit für Deutschland analysiert und bewertet. Hierbei zeigt sich, dass insbesondere das Vereinigte Königreich sowie Japan als BestPractice-Beispiele für eine deutsche Lösung herangezogen werden sollten.
Die öffentliche Diskussion um die Initiierung eines Social Impact Fonds hat auch vor der Politik nicht Halt gemacht. Das Potential wurde erkannt und der Vorschlag, nachrichtenlose Vermögenswerte als Finanzierungsquelle sozialer Innovationen zu nutzen, wurde sowohl von einzelnen Parteien aufgegriffen als auch im Bundestag erörtert. Mit Aufnahme in die Strategie des Hightech-Forums der Bundesregierung sowie insbesondere durch die Ausschreibung eines Rechtsgutachtens zur Klärung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland erfährt das Thema nun die benötigte politische Aufmerksamkeit. Der erste Stein für eine ernsthafte Realisierung ist also ins Rollen gekommen – jetzt liegt es an der Politik, die Zukunft in die Hand zu nehmen.