Eine Studie der Universität Trier und der TH Köln zeigt, dass soziale und nachhaltige Unternehmen in schwierigen Zeiten eher Aufträge annehmen, die sie sonst ablehnen würden. Was steckt dahinter?
Soziale und nachhaltige Unternehmen rücken in Krisenzeiten tendenziell von ihren eigentlichen Zielen ab. Das ist das zentrale Ergebnis einer umfangreichen Studie der Universität Trier und der TH Köln. Befragt wurden insgesamt 193 Unternehmerinnen und Unternehmer verschiedenster Branchen. Durchgeführt wurde die Befragung von September 2022 bis Januar 2023.
„In der Krise verschiebt sich der Fokus der Unternehmer weg vom Sozialen beziehungsweise Nachhaltigen hin zum Finanziellen. Sie werden bei der Auswahl von Aufträgen weniger wählerisch“, sagt Jörn Block, Professor für Unternehmensführung an der Universität Trier.
Der Hintergrund eines Mission Drift
Erste Analysen der Studie geben Hinweise auf den sogenannten „Mission Drift“. Das bedeutet, dass Unternehmen mit vorrangig sozialen und nachhaltigen Zielen Schritt für Schritt von diesen abweicht und am Ende des Drifts sich an finanziellen Zielen orientiert ist. Ein Phänomen, welches vielfach diskutiert aber wenig empirisch untersucht wurde. „Die Studie zeigt, dass Sozialunternehmen eben auch Unternehmen sind, die ein Geschäftsmodell haben müssen, das sich finanziell trägt“, ordnet Block ein.
Spannender ist ein anderes Ergebnis dieser Studie. Sobald die Chance auf Wachstum besteht, soll die Bedeutung des Sozialen und Nachhaltigen ebenfalls abnehmen.
„Dieses Ergebnis hat uns etwas überrascht. In der Wachstumssituation stehen eigentlich genügend Ressourcen zur Verfügung, die eine Abweichung von den sozialen beziehungsweise nachhaltigen Zielen gar nicht notwendig machen würden“, sagt Patrick Schwarz, Doktorand an der Universität Trier und der TH Köln. Eine Erklärung für das Studienergebnis könnte den Forschenden zufolge sein, dass soziale und nachhaltige Unternehmen die Gelegenheit zum Wachsen nutzen wollen.
Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidungen? Mitarbeitende und Endkunden drängen meistens darauf, die sozialen und nachhaltigen Ziele einzuhalten. Mehr Fokus auf das Finanzielle verlangen vor allem die Investoren und andere Organisationen, von denen das Unternehmen Aufträge erhält. „Eben weil unter anderem Kunden nachhaltige und soziale Aspekte wichtig sind, sollten Unternehmen auch in Ausnahmesituationen darauf achten, dass sie ihren eigentlichen Zielen treu bleiben“, rät Schwarz.
Nachhaltig oder sozial – Einordnung unklar
Was die Studie jedoch offen lässt, ist die genaue Unterscheidung zwischen nachhaltigen und sozialen Unternehmen. In der Stichprobe wurde nicht genau zwischen diesen unterschieden. In der Studie lässt sich jedoch der Wirkungsbereich ablesen.