Haare sind wesentlich mehr als nur Mode und Fashion. Oft geben sie einen direkten Eindruck zur Persönlichkeit und auch aktuellen Stimmung des Gegenübers. So fühlen wir uns oft wie rundumerneuert nach einem Friseurbesuch. Doch was tun, wenn man sich den nicht leisten kann? Die Initiative „Friseure gegen Armut“ schneidet ehrenamtlich Obdachlosen und anderen Bedürftigen kostenlos die Haare und tut damit eigentlich viel mehr: Eine neue Frisur gibt Selbstbewusstsein und hilft beim Neustart in den Job oder eine neue Wohnung. Wir haben mit dem Mitgründer Kai gesprochen.
Freundeskreis statt Organisation
Entstanden ist die Idee Anfang 2018 auf Initiative von Kai und Claudia in Herne. Beide kannten sich schon privat und arbeiteten zusammen in sozialen Projekten. Eines Tages trank Claudia einen Kaffee gegenüber der Suppenküche in Herne und beobachtete die Menschen. Ihr fiel auf, dass die Suppenküchengäste eigentlich alle einen guten Haarschnitt gebrauchen könnten. Schnell fand sich ein Netzwerk aus interessierten Nachbarn, die sich einbringen wollten. Mittlerweile zählt die Initiative 17 ehrenamtliche Mitstreiter und versteht sich als Freundeskreis anstatt fester Organisation.
Improvisation ist alles
Angefangen haben die Friseure gegen Armut mit zwei Haarschneidemaschinen und zerschnittenen Mülltüten als Schutzumhang. „Improvisation ist bei uns ganz wichtig“, erzählt Kai. Viele Sachspenden, die der Freundeskreis erhält, werden umgenäht oder abgeändert und dienen den Ehrenamtlichen als Equipment. So wurden schon alte Sitzbezüge von Stühlen zu Friseurwerkzeugtaschen umfunktioniert. Die Ehrenamtlichen sind keineswegs nur Friseure. Da auf den Haarschneidetreffen auch Kaffee und Kuchen ausgeschenkt wird und Kleiderspenden vergeben werden, freuen sich die Friseure gegen Armut auch über Unterstützung im Kaffeeausschank oder einfach Gesprächspartner für die Gäste. Die Veranstaltungen bieten reichlich Möglichkeiten für neue Netzwerke und neue Initiativen: „Daraus sind schon tolle neue Ideen entstanden“, erzählt uns Kai, denn die Veranstaltungsorte sind vielfältig. Neben Tafeln und Caritas-Einrichtungen schneiden die Friseure auch in Kirchen, Schulen für Behinderte oder Naturheilpraxen.
Friseure gegen Armut während der Pandemie
Auch in Corona Zeiten sind die ehrenamtlichen Friseure aktiv. Doch der anfängliche Lockdown hat die Initiative auf eine harte Probe gestellt. An den sieben Standorten ging nämlich aufgrund der Kontaktbeschränkungen erstmal gar nichts mehr. Im Juli konnte dann endlich wieder ein Termin unter strengen Hygienevorschriften stattfinden. In den nächsten Jahren hat Kai noch einiges vor: Neben der Initiierung weiterer Standorte, arbeitet er mit den Ehrenamtlichen gerade an der Registrierung als Förderverein. Wer Lust hat sich ehrenamtlich in der Initiative einzubringen, kann hier Kontakt aufnehmen.
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