Wie verändern sich Anlagestrategien von Impact-Investor*innen – wie gefestigt sind Werte und Vorstellungen? Der Impact-Index von Inyova zeigt, dass diese auch in Zeiten von Krieg in Europa Bestand haben. Doch wenn die eigenen Rücklagen angesichts einer unsicheren wirtschaftlichen und politischen Lage gefährdet sind und neue gesellschaftliche Debatten aufkommen, setzen selbst Impact-Investor*innen neue Prioritäten. Seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 haben deutlich weniger von ihnen die Ausschlusskriterien „keine Waffen“ und „keine Kohle oder Gas“ für ihre Anlagestrategie ausgewählt.
„Zurückführen lässt sich dies vermutlich auf das wachsende Gefühl der Unsicherheit, verursacht durch den Ukraine-Krieg. Auch die gesellschaftliche Debatte darüber, ob und wann Investitionen in Kohle und Gas übergangsweise notwendig sind, um die Abhängigkeit von russischen Energieressourcen zu reduzieren, spielt eine Rolle. Zudem betrachten die Anleger*innen im Kontext des Ukraine-Kriegs teils auch Waffen und Waffenlieferungen differenzierter, was sich dann in ihrer Anlagestrategie widerspiegelt“, so Andreas von Angerer, Head of Impact des digitalen Impact-Investing-Unternehmens Inyova. Doch der Impact-Investing-Index zeigt auch, dass Werte und Überzeugungen auch angesichts wachsender Bedrohungen Bestand haben: Die überwiegende Mehrheit der Impact-Anleger*innen schließt Investments in Waffen, Kohle oder Gas weiterhin aus ihrer Strategie aus.
Anlagestrategien passen sich unsicherer Lage an
Impact-Investor*innen legen mit Inyova Geld in einem persönlichen Aktien- und Anleihenportfolio entsprechend ihrer Werte und Vorstellungen an. Dabei wählen sie individuell aus 24 Impact-, Finanz- und Diversifikationskriterien aus. Ihre Investitionen sollen zum Beispiel saubere Energie und den Verkehr der Zukunft fördern, ohne den Klimawandel oder Ungleichbehandlung zu unterstützen. Der Impact-Investing-Index untersucht auf Basis von 50.000 Datenpunkten quartalsweise, wie sich Anlageentscheidungen von Impact Investor*innen verändern. Er gibt Aufschluss darüber, welche Themen und Unternehmen den Anleger*innen am wichtigsten sind.
Der Krieg in Europa beeinflusst nachweislich den Umgang mit den eigenen Ersparnissen und geplanten Investitionen der Inyova-Anleger*innen. Im ersten Quartal 2022 und damit seit Kriegsbeginn zeigten sie sich offener bei den Arten von Investments, die in ihre Anlagestrategie miteinbezogen oder ausgeschlossen werden. Besonders deutlich wird eine gewisse Vorsicht: Anleger*innen haben deutlich weniger Ausschlusskriterien festgelegt, womit sie sich breiter gegen unvorhersehbare Entwicklungen aufstellen.
Frauen eher gegen Waffen, Männer eher gegen Kohle und Gas
83 % der Impact-Anleger*innen schlossen im ersten Quartal 2022 Investitionen in Unternehmen, die Dienstleistungen, Materialien und Teile für die Waffenindustrie anbieten, aus ihrer Anlagestrategie aus – im vierten Quartal 2021 waren es noch 87 %. Waffenhersteller schließt Inyova per se von allen Anlagestrategien aus. Das Kriterium „keine Kohle oder Gas“ schlossen Ende 2021 noch fast 80 Prozent der Anleger*innen aus (79 %) – im ersten Quartal 2022 sank dieser Wert auf 73 %. Überraschendes zeigt sich im Hinblick auf die Geschlechterverteilung: 77 % der Männer entschieden sich im ersten Quartal für „keine Kohle oder Gas“ als Ausschlusskriterium – bei den Frauen waren es nur zwei Drittel. Beim Ausschlusskriterium „keine Waffen“ verhält es sich umgekehrt: 91 % der Frauen und nur 78 % der Männer schließen solche Investitionen aus ihrer Anlagestrategie aus. „Die Werte dieser beiden Ausschlusskriterien schwanken so stark wie noch nie“, sagt Andreas von Angerer. „In der Regel beobachten wir Schwankungen, die weit unter einem Prozent liegen. Das zeigt uns, dass einschneidende Ereignisse wie Kriege oder Katastrophen oft langfristige Investmententscheidungen nach sich ziehen. So schließen Anleger*innen über 60 Jahre beispielsweise wesentlich häufiger Nuklearenergie aus ihren Investments aus als unter 30-Jährige, was vermutlich auf den Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 zurückzuführen ist“, so von Angerer weiter.
Erneuerbare Energien weiterhin Top-Thema
Investitionen in Unternehmen, die erneuerbare Energien vorantreiben, sind den Impact-Anleger*innen weiterhin am wichtigsten (93 %). Immer relevanter werden Investitionen in den Verkehr der Zukunft. Für die unter 30-Jährigen und 30- bis 60-Jährigen sind Geschlechtergleichstellung und faire Löhne im Vergleich zu den über 60-Jährigen wichtige Themen, mit denen sie in ihrer beruflichen Laufbahn zunehmend konfrontiert werden. Impact-Investor*innen unter 30 Jahren legen außerdem deutlich mehr Wert auf pflanzliche Lebensmittel und Menschenrechte als die anderen Altersgruppen. Zwischen Männern und Frauen herrscht Einigkeit bezüglich der beliebtesten Impact-Themen Erneuerbare Energien und niedrige Treibhausgasemissionen. Auf Platz 3 der beliebtesten Impact-Themen der männlichen Investoren liegen energiesparende Technologien, bei Frauen sind es Menschenrechte. Beim Thema Geschlechter-Gleichstellung zeigen sich deutlich Unterschiede: Während dies für 68 % der Frauen ein relevantes Thema ist, schließen nur 51 % der Männer dieses Thema in ihre Anlagestrategie ein.