Es ist soweit: Seit Jahren kämpft die Social-Startups-Szene, ja eigentlich das ganze Sozialunternehmertum, für mehr Beachtung. Im Bundestag wurde nun eine Förderung von sozialen Innovationen beschlossen. Doch hat der Beschluss Zukunft?
Letzte Woche Freitag wurde der Antrag der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD zur Förderung von sozialen Innovationen beschlossen.
Das Parlament hat sich unter anderem darauf geeinigt, dass:
- eine Definition für Sozialunternehmen und eine ressortübergreifende Strategie für soziale Innovationen entwickelt werden soll. Es soll also Schluss sein mit Insellösungen.
- der Aufbau sozialer Innovationszentren wichtige Impulse setzt, um mehr Menschen aktiv an den Lösungen gesellschaftlicher Herausforderungen zu beteiligen.
- sozialunternehmerische Akteure durch Innovationswettbewerbe, Forschung und Anreize für gemeinwohlorientierte Finanzierungs- und Investitionsinstrumente stärker unterstützt werden sollen.
Es geht endlich los
Das ist ein richtiger, eigentlich längst überfälliger Schritt – und vor allem ein wichtiges Signal. Nun wird die Förderung von sozialen Innovationen fraktionsübergreifend unterstützt.
Neben den Regierungsfraktionen haben auch Bündnis 90/Die Grünen, die Linke und die FDP nun einen Antrag dazu in den Bundestag eingebracht. „Das Schöne ist, dass es inzwischen von allen konstruktiven Fraktionen im Bundestag einen Antrag zu sozialen Innovationen gibt. Es geht also nicht mehr darum, ob das Thema Sinn macht, sondern wie man es am besten voranbringt“, sagt Markus Sauerhammer, 1.Vorsitzender des Vorstands des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. Gerade im Hinblick auf aktuelle und zukünftige gesellschaftliche Herausforderungen gilt es, die beschlossenen Punkte zügig umzusetzen, um das Potenzial von Sozialunternehmen für eine soziale und zukunftsfähige Gesellschaft und Wirtschaft zu nutzen.
Berechtigte Kritik
Doch es gibt auch berechtigte Kritik, denn viele Punkte wurden, zumindest bis jetzt, nicht angesprochen. So fehlt es an konkreten Handlungsabsichten zur passenden Finanzierung für Sozialunternehmen. Aktuell wird deutlich, dass dies zu den größten Herausforderungen zählt. So konnten nach Schätzungen lediglich 3,2% der Sozialunternehmen die Corona-Hilfen der KfW in Anspruch nehmen. Daher fehlt es hier noch an konkreten Finanzierungshilfen. Auch unabhängig von der Corona-Krise. In einer Pressemitteilung liefert das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. (SEND) einen Vorschlag:
Der Verein fordert ein konkretes Budget für soziale Innovationen, wie in anderen Ländern vorhanden. Der Vorschlag der Querfinanzierung durch verwaiste Bankkonten wurde beispielsweise nicht aufgegriffen, obwohl Länder wie Großbritannien aktuell so zivilgesellschaftliche Organisationen bei ihren Lösungen, z.B. in der Corona-Pandemie, unterstützen.
Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Auch fehlen Ideen zur Verbreitung von sozialen Innovationen z.B. über die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand. „Kommunen gehören zu den großen Gewinner*innen, wenn sich Sozialunternehmen erfolgreich entwickeln“, weiß Julia Haselmayer von Citymart. Das Unternehmen revolutioniert weltweit den Problemlösungsprozess von Kommunen – mit Ausnahme der Heimat Deutschland.
Eine fehlende Rechtsform erschwert die Gründung innovativer Sozialunternehmen, da oft die klassische Gemeinnützigkeit nicht in eine rein gewerbliche Rechtsform passt. Mögliche Ansätze, wie eine Reform des Gemeinnützigkeitsrecht oder der Rechtsformvorschlag der Stiftung Verantwortungseigentum,45 werden nicht aufgegriffen, im Gegensatz zu den Anträgen der Grünen und der FDP.
Trotz der Lücken lässt sich festhalten: Das Thema Sozialunternehmertum ist deutlich weiter als noch vor ein paar Jahren. Darüber darf man sich freuen.
Corona – das Fass ohne Boden für den Haushalt
Noch ist das Ausmaß der Corona-Krise nicht wirklich abzuschätzen. Weder für Deutschland, noch für die Welt. Hier wird sich zeigen müssen, wie viel Geld letztendlich in die Maßnahmen zur Förderung von sozialen Innovationen fließen wird. Zumal im Antrag auch die Passage „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“ auftaucht.
Land Hessen geht voran
Sozialunternehmertum kann für viele ökologische und gesellschaftliche Herausforderungen die Lösung sein. Auch bis zur Politik ist dies durchgedrungen.
Wie man konkret das Thema Sozialunternehmertum fördern könnte, zeigt nun beispielsweise das Land Hessen. Das durch SEND und Kaja Kinkel (Grüne) auf den Weg gebrachte Förderprogramm befindet sich in der finalen Planungsphase.
Anträge der einzelnen Fraktionen:
- CDU/CSU& SPD: „Soziale Innovationen stärker fördern und Potenziale effizienter nutzen“
- FDP: „Social Entrepreneurship – Soziale Innovation als Zwilling der technologischen Innovation“
- Bündnis 90/Die Grünen: „Strategische Förderung und Unterstützung von Social Entrepreneurship in Deutschland“
- Die Linke: „Soziale Innovationen stärken“
Ein Kommentar
Ein wichtiger, richtiger erster Schritt!
Ich kann mir nur vorstellen, dass dieser Beschluss aufgrund der Kritik lediglich die Basis für ein zu einem späteren Zeitpunkt (Corona-Krise sei Dank) besseres, ausgereifteres Konzept dienen wird.