Seit Mitte August arbeite ich nun an der Uni als akademischer Mitarbeiter, an der ich studiert habe. In meinem Projekt geht es unter anderem um die Textilindustrie. Als ich dann von der Sustainable Textile School gehört habe, dachte ich: Super das passt sowohl zu dem Projekt der Uni als auch zu diesem Blog. Also habe ich mich kurzerhand für die dreitägige Veranstaltung angemeldet.
Was ist die Sustainable Textile School überhaupt?
Bei der Sustainable Textile School soll Wissenschaft und Wirtschaft aus der Textilbranche aufeinander treffen, um gemeinsam Erfahrungen auszutauschen und neue Ideen zu entwickeln. Dafür wurden weltweit Redner eingeladen, um weiter für das Thema Nachhaltigkeit in der Textilbranche zu sensibilisieren. Die Idee dazu hatten Prof. Holger Cebulla und André Matthes von der TU Chemnitz, sowie Anton Schumann von Gherzi, als sie ihren idealistischen Träumen von einer nachhaltigen Textilindustrie hinterher jagten. Nun, 2 Jahre später fand die Sustainable Textile School vom 18. bis zum 20. September das erste mal auf dem Campus der Universität in Chemnitz statt. Vertreten waren erstaunlich viele Nationen, unter anderem Sri Lanka, Spanien, Amerika, Indien, China, Amsterdam und viele weitere. Geteilt in „Fiber Day“, „Chemical Day“ und „Fabric & Transformation Day“, fand die Veranstaltung dieses Jahr unter dem Motto „Fashion — Sustainable from fibre to store and back“ statt. Die Themen für 2018 und 2019 stehen übrigens auch schon fest. Wer Interesse an den Themen „TechTex & Sustainability — Contradiction or potential business model?“ oder „Smart Wearables — A sustainable network?“ hat, sollte sich schnellstmöglich Tickets sichern. So erfolgreich, wie die Veranstaltung dieses Jahr war, kann ich mir gut vorstellen, dass die Plätze schnell besetzt sind.
Meine persönlichen Eindrücke
Mit meinem exzellenten Englisch und dem umfangreichen Vorwissen über die Textilbranche von sage und schreibe einem Monat (man bemerke die Ironie in beiden Aussagen), gehe ich mit gemischten Gefühlen aus dieser Veranstaltung. Während ich bei einigen Vorträgen mehr das Gefühl hatte, dass die Redner Werbung für ihr Unternehmen machen, um ggf. neue Kooperationspartner zu gewinnen, waren andere Vorträge wieder mehr in die Richtung, was wir gemeinsam machen und ändern müssen, um die Situation der Textilbranche in die Nachhaltigkeit zu bringen.
Auf dem Programm: Reden und Workshops
Während am ersten Tag mehrere Unternehmen mit ihren Reden ihren Beitrag zu der Veranstaltung gaben, gab es am zweiten Tag neben weiteren Reden insgesamt sieben Workshops. Jeder Teilnehmer musste sich dabei für einen entscheiden. Ich habe mich für das Team von Verwegener & Trefflich entschieden, da ich bereits aus einem vorherigen Projekt positive Erfahrungen mit ihnen gemacht habe. Auch das Thema war natürlich sehr interessant. Hier konnten alle Beteiligten mal „über den Tellerrand“ denken, da unser Szenario im Jahr 2030 spielte und bekanntermaßen niemand die Zukunft vorher sagen kann. Eine Aufgabe war es, mit verschiedenen Gegenständen, welche das Team Verwegener & Trefflich zur Verfügung stellten, ein Szenario passend zum Thema darzustellen. Hier hatte ich das erste mal das Gefühl, dass das Potenzial der verschiedenen Charaktere wirklich genutzt wird und versucht wird neue Lösungen zu finden. By the way: Ebenfalls lustig mit anzusehen war es, wie Personen in hohen Positionen ihrer Firma auf einmal aus Duplo-Steinen verschiedene Sachen bauten. Aber genau diese Möglichkeit entfachte das, was das Ziel war: kreativ an neuen Lösungen arbeiten, was dann am besten funktioniert, wenn man etwas in der Hand hat und aktiv ist.
Habe ich das richtig verstanden?
Ein Redner tätigte die Aussage, dass die Natur den Menschen nicht bräuchte, der Mensch aber die Natur bräuchte. Vielleicht habe ich durch mein gebrochenes Englisch auch die Ironie dieser Aussage überhört, aber in der heutigen Zeit muss ich sagen: Ich glaube nicht, dass die Natur ohne den Menschen sein kann. Ich glaube, dass wir erst einiges, was wir verbockt haben, wieder in Ordnung bringen müssen, damit die Natur wieder ohne den Menschen sein kann, wie zum Beispiel die Ozeane vom Plastikmüll zu befreien. Genau das thematisierten einige Redner in ihren Vorträgen.
Dem Plastik auf der Spur
Diese Beiträge haben mich persönlich am meisten mitgenommen und genau das dargestellt, was ich unter Nachhaltigkeit verstehe. Diese Unternehmen stellen aus dem Plastik, welches sie aus den Ozeanen haben, Kleidung her. Ecoalf ist eines dieser Unternehmen.
Was ich zum Beispiel auch nicht wusste ist, dass wir durch das Waschen unserer Kleidung Mikroplastik in den Ozean frei geben. Durch das Waschen lösen sich kleinste Partikel von der Kleidung, die mit dem Abpumpen ins Abwasser – und somit ins Meer – gelangen. Je älter das Kleidungsstück, desto mehr Partikel werden freigesetzt. Die Firma Miles hat dafür einen Wäschesack namens Guppyfriend entwickelt, der dieses Mikroplastik auffängt. Einfach raus aus dem Beutel und weg damit. Seht selbst:
Doch halt mal. Wenn ich also diesen kleinen Textilknäul in den Müll schmeiße, kommt er nicht dann später durch dritte einfach ins Meer? Hier sollte noch mal angesetzt und eine Methode gefunden werden, wie man dieses Textilknäul wieder ins Unternehmen bringt und anderweitig verarbeiten kann, sodass wir hundertprozentig von Nachhaltigkeit sprechen können.
Aber bei all den Ideen kam mir ein Gedanke: Klar ist es wichtig und unabdingbar, die Weltmeere vom Plastikmüll zu befreien. Aber ist es in erster Linie vielleicht nicht wichtiger zu verhindern, dass Plastikmüll überhaupt erst in die Meere kommt? Denn nur dann können doch auf Dauer die Weltmeere von dem Müll befreit werden.
Fazit
Mein persönliches kleines Highlight bei dieser Veranstaltung war übrigens die Künsterlin Yasmine Cordes (hier geht es zu ihrem Blog). Sie fasste alle Vorträge in Echtzeit künstlerisch zusammen.
Abgesehen davon sprachen viele in ihren Reden davon, dass sie aufhören müssen zu sprechen und anfangen müssen zu handeln. Und genau das ist mein Kritikpunkt an der Veranstaltung. Mir wurde zu viel gesagt und zu wenig getan. Dies fand übrigens auch der Schlussredner, der selbiges zum Auditorium sagte. Ich hätte mir persönlich mehr Interaktionen gewünscht. Sei es in Form von Workshops oder die Möglichkeit zu wählen, ob man sich die Vorträge anhören, oder an einem Workshop teilnehmen möchte.
Zusammenfassend kann ich dennoch sagen, dass ich die Veranstaltung lohnenswert fand. Ich habe viele neue Sachen über die Textilbranche erfahren, die ich so schnell wohl nicht hätte recherchieren können. Besonders gefallen hat mir natürlich der Workshop, bei dem gefühlt mal „was passiert“ ist. Ich bin gespannt, wie viele der Anwesenden nun tatsächlich handeln werden und die Veranstaltung nicht einfach nur ad acta legen. Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich nun mehr über den Bereich weiß, mehr über den Bereich erfahren möchte und etwas für den Bereich erreichen möchte. Vielleicht kann ich in meiner Dissertation einige offen gebliebene Fragen thematisieren und finde einen neuen Ansatz, die Textilbranche nachhaltiger zu gestalten.