27.01.2015 – Mit dem Projekt Straßenblick sollen regelmäßige Stadtführungen in Frankfurt etabliert werden – mit einem kleinen, jedoch festen Kreis von ehemals Obdachlosen. Die Touren sollen persönlich und daher auch von ihnen selbst erarbeitet sein. Sie bestimmen also sowohl die Besichtigungsorte und Laufrouten, als auch die sprachlichen Inhalte. Das Projekt wurde durch enactus ins Leben gerufen.
Zahlen findet man bereits beim Thema Obdachlosigkeit in Frankfurt kaum. Die Anzahl ehemals Obdachloser, denen nach wie vor ein fester Job fehlt und eine richtige Eingliederung in die Gesellschaft noch nicht gelungen ist, findet sich erst recht nicht. Jedem Bewohner Frankfurts fällt allerdings die Präsenz von Obdachlosen auf der Straße auf und allein die hohe Anzahl an Einrichtungen in Frankfurt, die gezielt Angebote für Obdachlose anbieten, zeigt, dass es auch hier, vor unserer eigenen Haustür ein schwerwiegendes Thema ist.
Kompetenzen nutzen und individuelle Geschichte erzählen
Im Rahmen des Projekts Straßenblick sollen die Stadtführer durch die Führungen die Möglichkeit bekommen, ihre Kompetenzen zu nutzen und ihre individuelle Geschichte zu erzählen. Die ehemals Obdachlosen erhalten neben der Wertschätzung ihrer Arbeit zusätzlich eine kleine Einnahmequelle.
Ein weiteres Ziel ist, dass in Kooperation mit einem Sozialpartner Ideen umgesetzt werden, von denen auch andere (ehemals) Wohnungslose in Frankfurt profitieren. Beispielsweise würden kostengünstigere Schließfächer eine spürbare Erleichterung für sie darstellen. Deshalb wollen wir es bewerkstelligen, dass diese angeschafft und zur Verfügung gestellt werden.
Insgesamt wirkt sich das Projekt direkt auf den Lebensstandard und die Lebensqualität der Stadtführer aus, indem es Armut, sowie Ausgrenzung entgegenwirkt. Sie gewinnen neben einem Einkommen auch Selbstvertrauen und Motivation. Zudem geben wir ihnen die Möglichkeit, eine gewisse Struktur und Ordnung in ihren Alltag zu bringen, sodass sie zurück zu einem geregelten Tagesablauf finden.
Vorurteile abbauen
Umgekehrt wird durch das Projekt mehr Aufmerksamkeit auf die Obdachlosenproblematik allgemein gelenkt und Teilnehmende der Führung können Vorurteile abbauen und in Dialog treten. Der Perspektivenwechsel auf Frankfurt ist sowohl für Einheimische, als auch für Touristen eine Bereicherung und kann durch die Führung an sich und durch das Auseinandersetzen mit dem Thema gewinnbringend sein.
Die Führungen des Projektes „Straßenblick“ gewähren den Teilnehmern einen einzigartigen Blick auf die Stadt Frankfurt und ermöglichen es ihnen, zuvor verborgene aber auch altbekannte Orte neu zu entdecken. Ziel ist es, mit diesen Führungen die Kluft zwischen Obdachlosen und dem Rest der Gesellschaft zu überwinden und somit einen Raum für Verständnis, Achtsamkeit und Austausch zu schaffen.
Zu den Autoren:
Krystyna Kotthaus, im dritten Semester Psychologie, ist seit Oktober 2013 bei enactus dabei und Gründungsmitglied von „Straßenblick“. Ihre Motivation: „Ich liebe es, in einem Team neue Herausforderungen anzugehen und die ersten Schritte innerhalb eines Projektes hautnah mitzuerleben. Es ist ein unheimliches Glücksgefühl zu sehen, dass man mit seiner Arbeit etwas bewegen kann, wofür man eine Leidenschaft entwickelt hat.“
Michaela Dettki, im dritten Semester Wirtschaftswissenschaften, ist seit Mai 2014 enactus Teammitglied.
Ihr Ansporn: „Die Idee des Projekts „Straßenblick“ hat mich von Anfang an total begeistert und ich will helfen es weiter zu entwickeln, dass unseres Ziele Realität werden. Ich spüre, wie sich durch unser Projekt mein Horizont erweitert, und ich eine andere Sicht auf den Alltag bekomme.“
Über Enactus:
Der gemeinnützige Verein enactus Universität Frankfurt e.V. ist ein Teil des globalen Netzwerks der Studierendenorganisation Enactus, die mit über 66.000 Mitgliedern zu den Größten der Welt zählt.
Enactus ist eine Non-Profit-Organisation, die gemeinnützige Projekte auf der ganzen Welt umsetzt. Dabei orientiert man sich an den Grundsätzen der sozialen, unternehmerischen und ökologisch nachhaltigen Entwicklung. Das Team der Goethe-Universität Frankfurt wurde 2012 gegründet und gehört inzwischen mit über 70 Mitgliedern zu den stärksten Teams Deutschlands.
Ein Kommentar
Schönes Beispiel, was alles möglich ist.
Wenn mein Projekt schon in puncto Sicherheit „kritisiert“ wird, dann dürften diejenigen bei diesem gleich umfallen.