Marius Messerschmied studiert gegenwärtig Wirtschaftswissenschaften an der Goethe Universität in Frankfurt. Vor eineinhalb Jahren etablierte er mit Anna Wolff ein Team der studentischen Social Entrepreneurship Initiative Enactus (unifrankfurt.enactus.de) an der Uni. Die letzten 6 Monate lebte er in Südostasien, wo er zunächst ein Auslandssemester an der Singapore Management University verbrachte und anschließend in Ho Chi Minh City Englisch unterrichtete. In einer vierteiligen Artikelserie, die jeden Montag erscheinen wird, schildert Marius seine Eindrücke von Social Entrepreneurship in Singapur.
Flächenmäßig mag Singapur zwar der kleinste Staat Südostasiens sein, aber blättert man durch Reiseführer, springen einem ausschließlich Wolkenkratzer der Superlative entgegen – alles scheint perfekt. Daher verwundert es kaum, dass nach einer Studie der Citigroup die gleichnamige Hauptstadt im Jahr 2050 die wohlhabendste Stadt der Welt sein wird.
Dieser Eindruck bestätigt sich, sobald man in Singapur landet und einen der weltweit größten Flughäfen inklusive allerlei Annehmlichkeiten wie einem Swimming-Pool auf der Dachterrasse vorfindet. Auch während meiner ersten Tage in Singapur verwischte dieses Bild nicht und ich nahm Singapur als eine glitzernde und pulsierende Stadt wahr.
Doch nach und nach merkte ich, dass dieser erste Eindruck wahrscheinlich nicht vollkommen der Realität gerecht wird. Auf meinem täglichen Weg zur Universität und insbesondere in der Nähe von Hawker Centren begegnete ich stets einigen am Straßenrand sitzenden Menschen, die man in Deutschland wahrscheinlich als “Bettler” bezeichnen würde. Allerdings ist in Singapur “betteln” offiziell verboten und unter hohe Strafe gestellt, weshalb sie versuchen Taschentücher an die vorbeilaufenden Passanten zu verkaufen.
Des Weiteren liefern die für Singapur recht ungewöhnlichen Unruhen im Stadtteil Little India Anfang Dezember einen zusätzlichen Hinweis dafür, dass die Arbeits-und Lebensbedingungen, insbesondere von Gastarbeitern und verhältnismäßig armen Menschen, vermutlich nicht zufriedenstellend sind und es auch in Singapur gesellschaftliche Probleme gibt, die auf den ersten Blick allerdings vom Wohlstand des Staates übertüncht werden.
Um diese immer weiter aufgehende Schere zwischen arm und reich nicht noch größer werden zu lassen, ist es im vom Kapitalismus geprägten Singapur nicht verwunderlich, dass die Regierung insbesondere zahlreiche, markt-und wettbewerbsorientierte Schritte ergreift.
So wurde im letzten Jahr zum ersten Mal der Social Enterprise Award im Rahmen der “presidents challenge” vergeben. Der Award zeichnet social enterprises aus, die die Lebenslage von Bedürftigen in der singapurischen Gesellschaft verbessert haben, und wird in drei Kategorien vergeben, die mit S$10.000 bzw. S$15.000 dotiert sind. Des Weiteren hat das ministry of social and family development (MSF) mit dem ComCare Enterprise Fund einen Fonds aufgelegt, der seed funding für neue social enterprises bietet, die auf Bedürftige in Singapur abzielen. Auch das community development council unterstützt über einen Fonds social enterprises mit je bis zu S$30.000.
Doch es gibt nicht nur finanzielle Unterstützung. Das MSF hat dieses Jahr in Zusammenarbeit mit der National University of Singapore (NUS) und der Singapore Management School (SMU) auch ein Programm (YSEP Start-Ups) für besonders junge Sozialunternehmer gestartet, das neben funding, insbesondere durch Mentoring und Networking unterstützt. Zudem wurde von der Social Enterprise Association in den letzten Jahren ein Toolkit kreiert, das Interessierten helfen soll, ihr gesellschaftliches Engagement durch die Gründung eines social enterprises zu professionalisieren und auszuweiten.
In die gleiche Richtung zielt auch ein Programm der Singapore National Foundation unter anderem in Kooperation mit Ashoka ab. Es soll durch workshops und den gezielten Aufbau eines networks an jungen Sozialunternehmern, die Gründung sozialer Unternehmungen fördern.