Die Diagnose: Krebs. Und nun? Viele Betroffene fühlen sich bei der Diagnose erschlagen, alleine, machtlos. Was kommt als nächstes? Was hilft bei Beschwerden? Was mache ich mit der ständigen Übelkeit durch die Chemotherapie? Solche und ähnliche Fragen stellen sich viele Patient*innen. Dabei sind sie nicht alleine. Laut der Broschüre „Krebs in Deutschland“ lebten 2015 in Deutschland rund 1,67 Millionen Menschen, die in den letzten fünf Jahren die Diagnose Krebs erhielten.
Der Wegbegleiter bei einer Krebserkrankung
Bei Pathly können Krebspatient*innen Tipps, Tricks und Erfahrungen teilen. Cancer-Hacks quasi. Von Checklisten für den Krankenhausaufenthalt, über Erinnerungen, sich um den Reha-Aufenthalt zu kümmern und Rezeptideen bis hin zu Alltagstipp, die bei Übelkeit, Niedergeschlagenheit oder Müdigkeit helfen. Patient*innen teilen außerdem ihre individuellen Geschichten – um Mut zu machen, sich gegenseitig zu unterstützen und Tipps zu teilen.
„Unser Ziel ist es mit Pathly eine Plattform zu kreieren, die Krebpatient:innen und ihren Angehörigen dabei hilft, den richtigen Umgang mit der Erkrankung und auch den möglichen Folgen zu finden“, schreiben mir die beiden Gründerinnen Thora Hornburg und Rebecca Kremer. Sie wollen etwas kreieren, was Rebecca fehlte, als ihr Vater im Sommer 2016 an Lungenkrebs erkrankte.
„Die Diagnose: Metastasen in den Knochen und im Gehirn. Endstadium. Die Behandlung: ein Komplettpaket aus Chemotherapie, Bestrahlung und Immuntherapie“, so Rebecca. Ein paar Monate später wurde bei ihrem Stief-Vater ein Riesenzellgranulom im Kopf entdeckt. Ein Schicksalsschlag jagte das Nächste. „Durch Pathly habe ich das Gefühl bekommen, etwas machen zu können. Pathly war für mich die Chance um einen besseren Umgang mit der Krankheit Krebs zu erhalten, Erlebtes zu verarbeiten und mutiger zu werden“, schreibt Rebecca.
Die Entstehung von Pathly
„Angefangen hat alles durch eine verrückte Verkettung verschiedenster Zufälle: wir – also Thora und Rebecca – kannten uns damals eigentlich nur flüchtig, da wir zusammen bei sehen und ernten e.V., einem studentischen Design-Kollektiv der HTW Berlin, gearbeitet haben und nach unseren Treffen immer gemeinsam in der Tram nach Hause gefahren sind“, schreiben mir Thora und Rebecca in einer E-Mail. Kurzerhand haben sich die beiden dann dazu entschlossen ihre Bachelorarbeit gemeinsam zu schreiben. „Dafür dass wir uns kaum kannten, war das ein großer Schritt, doch heute sind wir einfach froh, das gemacht zu haben“, schreiben die Gründerinnen. Denn sie seien „die perfekte Mischung aus Konzept, Design und Development“.
Anders als Rebecca hatte Thora zuvor selbst noch keine Berührungspunkte mit dem Thema Krebs. Heute ist sie überglücklich, das Projekt mit gestartet zu haben. Sie schreibt: „Vor allem die Liebe und Unterstützung der Community bestärkt einen ganz besonders darin weiterzumachen. Es gibt einem das Gefühl, etwas zu tun was gebraucht und auch gewollt wird.“
Pathly soll auffangen, inspirieren, Halt geben und Mut machen.
Gestartet als Bachelorarbeit wächst Pathly nun weiter als Herzensprojekt. „Und hoffentlich bald auch als gemeinnütziger Verein“, so die Gründerinnen. „Aus uns Zweien wurden im vergangenen Jahr immer mehr ehrenamtliche Helfer:innen und Unterstützer:innen.“ Neun Personen helfen heute dabei, den Social Media-Account und die Webseite aufzubauen, Texte zu erstellen, die App zu entwickeln und bringen teilweise ihre eigenen Krebs-Erfahrungen mit ein.
„Wir befinden uns tatsächlich noch in der Entstehungsphase und sind derzeit dabei unseren Verein eintragen zu lassen. Leider warten wir wegen der Pandemie nun leider schon seit über vier Monaten auf den Bescheid vom Finanzamt. Also drückt uns gern die Daumen, dass es bald vorwärts geht!“, schreiben Thora und Rebecca.
Die größte Herausforderung: die Finanzierung
„Unsere größte Herausforderung ist wohl das Thema Finanzierung und auch die Pandemie“, erklären die Gründerinnen. Derzeit arbeiten alle ehrenamtlich an Pathly. „Da wir ‚leider‘ auch Miete zahlen und von irgendetwas leben können müssen, können wir momentan lediglich in unserer freien Zeit neben Beruf und Studium an Pathly arbeiten“, schreiben sie. Die beiden tüfteln aber bereits fleißig an Lösungen.
Sobald der Verein eingetragen und die Gemeinnützigkeit bestätigt seien, planen sie an Ausschreibungen und Wettbewerben teilzunehmen, eine Fundraising-Kampagne zu starten, Sponsor:innen zu suchen und Spenden zu sammeln. „Wir freuen uns einfach darauf, bald endlich durchstarten zu können, denn eigentlich sollte es schon längst soweit sein. Wir möchten mehr machen, mehr schaffen, wir wollen loslegen! Wir sind unendlich motiviert, weil wir glauben, mit unserem Projekt so vielen Menschen helfen zu können“, schreiben die beiden.
Kund*innenbedürfnisse konsequent in den Mittelpunkt stellen
Eigentlich sollte die App etwas ganz anderes werden, als sie nun geworden ist. Zu Beginn war die Idee, Krebspatient*innen beim Bewältigen des bürokratischen Aufwands zu unterstützen. Denn der ist oft gewaltig. Und zwar indem entsprechende Dokumente in der App digitalisiert, organisiert und selbständig verwaltet werden können. „Durch Umfragen und Interviews kristallisierte sich jedoch schnell heraus, dass die Bedürfnisse der Betroffenen in eine ganz andere Richtung gehen als wir zunächst annahmen“, schreibt das Pathly-Team in ihrem Statement zur UX Design Awards 2020-Nominierung.
Es geht den Betroffenen viel mehr darum, Unterstützung in ihrem Alltag zu bekommen. Tipps, wie andere mit ihrer Krebsdiagnose umgehen und was bei ihnen bei Beschwerden hilft. Es geht um ein Community-Gefühlt. Darum, sich gegenseitig zu unterstützen. Darum, nicht alleine zu sein.
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