Neue Wachstumsmärkte sind eine Herausforderung für etablierte Unternehmen der Industrieländer – und eine Chance für clevere Entrepreneure, die lokale Bedürfnisse im Blick behalten.
Die Maßstäbe, nach denen gerade technische Konsumgüter produziert werden, standen lange Zeit unverrückbar fest: Der Bedarf und das Konsumverhalten der westlichen Industrieländer bestimmten die Produktpalette. In die Märkte der Schwellenländer wanderten diese Produkte dann oftmals in einer günstigeren, reduzierten Version. Immer vorausgesetzt, dass die Wünsche, die Konsumenten dort an technische Produkte stellen, sich mit denen in westlichen Industrienationen decken. Nun hat sich aber etwas grundlegend verschoben an dieser bisherigen Verteilung der Gewichtung: Wir befinden uns inmitten der bedeutendsten Transformation in der Geschichte des modernen Kapitalismus. Innerhalb der nächsten 15 Jahre wird sich die Anzahl der kaufstarken Konsumenten verdoppeln und die Schwellenländer werden zum ersten Mal mehr ausgeben, in realen Zahlen, als die Industrienationen zusammen genommen.
Dieser massive Konsum-Zuwachs wird auf 30 Billionen Dollar bis zum Jahre 2025 geschätzt. Dimensionen, die sogar die Auswirkungen der industriellen Revolution hinter sich lassen. Und während wir mittlerweile ganz gut abschätzen können, was dieser Zuwachs an globaler Kaufkraft für die Industrie und die Umwelt bedeutet, ist ein Thema besonders gefragt: die Innovationskraft.
Der größte Teil der gängigen Konsumgüter wurde im Hinblick auf Länder der ersten Welt entwickelt, die Schwellenländer tauchten nur an der Peripherie der Unternehmens-Agenden auf. Diese Gewichtung muss sich nun schleunigst ändern, will man den Bedürfnissen einer neuen, gut vernetzten Käuferschicht begegnen, die eine neue Mittelschicht in das Mittelfeld des globalen Markt-Spiels rückt.
Von Kühlschränken und Internet
Und diese neue breite Konsumentenschicht birgt Eigenheiten, auf die es zu reagieren gilt. So ist Kenia unter den Staaten mit der höchsten Bereitschaft, mobile Bezahlsysteme anzunehmen und Lateinamerika beispielsweise verzeichnet den höchsten und am schnellsten wachsenden Zuwachs in der Mobilfunk-Abdeckung.
Wer bei den multinationalen Konzernen jetzt erst beginnt, Strategien für die Märkte der Schwellenländer zu entwickeln, könnte schon spät dran sein. Längst sitzen lokale Unternehmen mit einem besseren Verständnis für ihre Käuferschaft in den Startlöchern und sind bereit, sich ihre Marktanteile zu sichern. Ein Beispiel für diesen gut genutzten lokalen Vorteil ist der Haushaltsgeräte-Hersteller Godrej, der in Indien einen Kühlschrank für 70 Dollar auf den Markt gebracht hat, der mit Computer-Kühlchips läuft anstelle von Kompressoren und mit Batterien betrieben werden kann. Eine bahnbrechende Erfindung gerade für ländliche Gegenden mit unsicherer Stromversorgung.
Wer also im Kampf um diese neuen Konsumenten einen Vorsprung behalten will, muss auf Innovationen setzen, die lokale Bedürfnisse berücksichtigen und eine tatsächliche Neuerung bedeuten. Das heizt den Wettlauf an in einer Welt, in der man mit einer Internetverbindung immer ganz nah dran ist an der Möglichkeit, den nächsten Treffer zu landen.
Die Fähigkeit zu kreativen Lösungen und die Entwicklung von Konzepten, die neben einer reinen Produktlösung noch einen Mehrwert bieten, sind Faktoren, die zukünftig maßgeblich zum Erfolg von Gründern und Unternehmern beitragen werden.
Maie-Brit Koch von Koch & Konsorten berät etablierte Unternehmen sowie Start-ups in Sachen nachhaltige Kommunikation und Content-Strategie.