Das eigene Unternehmen steht kurz vor dem Start oder schreibt erstmals schwarze Zahlen – zu diesem Zeitpunkt haben die meisten Gründer*innen keinen Kopf für die Altersvorsorge oder Vermögensaufbau. Doch gerade in dieser aufregenden Zeit sollte das private Finanzkonzept ordentlich aufgestellt sein.
23Frei von finanziellen Sorgen können Unternehmer*innen flexibel sein und die richtigen Entscheidungen treffen. In diesem Gastbeitrag erfährst Du, auf was es bei der Altersvorsorge ankommt und welche Besonderheiten Du als Gründer*in stets bedenken solltest.
Die Voraussetzungen
Die gesetzliche Rentenversicherung, in die Festangestellte und ihre Arbeitgeber im Zuge ihrer Beschäftigung einzahlen, gilt nicht automatisch für alle Selbstständigen und Gründer*innen. Für sie gibt es keine Versicherungspflicht für das Alter.
- Die Ausnahme bilden manchmal ein paar Berufsgruppen wie etwa Erzieher*innen, Künstler*innen oder Therapeut*innen. Auch sogenannte berufsständische Versorgungsnetzwerke, die es für Ärzt*innen, Notar*innen, Architekt*innen und weitere Gruppen gibt, enthalten oft eine verpflichtende Rentenversicherung für Selbstständige.
Seit Jahren diskutieren politische Entscheidungsträger*innen über eine Rentenversicherung für Selbstständige und Gründer*innen, die sie verpflichtet, sich finanziell für das Alter abzusichern. Spätestens seit der gesetzlichen Änderung zur privaten Altersvorsorge im Jahr 2004 hat der Staat die Verantwortung eindeutig in die Hände der Bürger*innen gelegt. Durch die Reduzierung der gesetzlichen Rente muss jede*r für sich selbst vorsorgen – Unternehmer*innen und Selbstständige natürlich noch mehr als Angestellte.
- Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 200 Neugründungen verzeichnet.
[su_note note_color=“#e9e9e8″]Was Deine Rentenversicherung angeht, so hängen viele Entscheidungen davon ab, wie alt Du zum Zeitpunkt der Gründung bist und wie lange Du voraussichtlich selbstständig bist. Durch diese Faktoren ergeben sich verschiedene Anforderungen hinsichtlich der Altersvorsorge.[/su_note]
Rentenversicherung per Gesetz (GRV)
Die gesetzliche Rentenversicherung kann als freiwilliges Vorsorgemodell genutzt werden – auch von Selbstständigen und Gründer*innen, die in keine der verpflichteten Gruppen fallen. Diese Art von Rente ist vergleichsweise unflexibel: Man zahlt über Jahre ein und bekommt im Alter monatlich eine Summe ausbezahlt. Die Auszahlung von Kapital ist bei der staatlichen Variante nicht möglich, auch verhält es sich mit der Anpassung der Raten weniger flexibel.
Ein weiterer Nachteil ist die kaum nennenswerte Rendite. Angestellte können nach einem durchschnittlichen Erwerbsleben derzeit mit etwas mehr als 40 % ihres Nettoeinkommens rechnen. Für die Erhaltung des gewohnten Lebensstandards wird dies kaum ausreichen.
Basis-Rente
In dem staatlich geförderten Modell ist die Rürup-Rente enthalten, man nennt sie auch Basis-Rente. Sie wurde für Selbstständige ins Leben gerufen, sodass auch sie von einem staatlich geförderten Rentenmodell profitieren können. Steuerlich ist die Rürup-Rente ähnlich geregelt wie die staatliche Rente: Der Staat subventioniert die Zahlungen und gewährt bis zum Rentenantritt steuerliche Vorteile.
- Das Besondere an der Rürup-Rente ist, dass die eingezahlten Beiträge an die jeweilige Situation angepasst werden können. In Jahren mit richtig gutem Geschäftsgang zahlst Du mehr ein und in schwächeren Jahren weniger.
- Das bedeutet aber, dass Gründer*innen unter Umständen weniger Vorteile für sich nutzen können, denn die steuerlichen Vorteile kommen vor allem bei Vielverdiener*innen zum Tragen.
- Die Nachteile der GRV – die schwache Rendite und die Rentenpflicht – betreffen auch die Rürup-Rente, sie ist aber pfändungssicher.
Solltest Du Dich gegen die Rürup-Rente und für die GVR entscheiden, kannst Du auch freiwillig in das gesetzliche Rentensystem einzahlen. So bekommst Du im Alter trotzdem eine monatliche Rente, aber kein Kapital zum Wunschzeitpunkt ausgezahlt.
Achtung: Der Anspruch auf die Rente verfällt, wenn die Mindestversicherungspflicht von fünf Jahren nicht erreicht wurde. Beträge können aber zu einem späteren Zeitpunkt nachgezahlt werden. Nach einer gewissen Beitragszahldauer hat man im Krankheitsfall auch Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.
Private Altersvorsorge
Die private Variante bietet weit mehr Auswahlmöglichkeiten und Optionen, um die Vorsorge auf die eigenen Bedürfnisse abzustimmen. Mit Hilfe einer Finanzberatung können ganze Anlagestrategien erstellt werden, die auf verschiedene Lebensphasen, Wünsche, finanzielle Ist-Situation und andere Faktoren Rücksicht nehmen. Es gibt zwei Varianten, die als „alte Klassik“ und „neue Klassik“ bezeichnet werden – zudem gibt es die Möglichkeit, in Fonds und Immobilien zu investieren.
Alte Klassik und neue Klassik
Die alte Klassik ist im Grunde ein Vorsorgemodell, das Du kaufst. Sie garantiert eine Rente bis ans Lebensende und eine fixe Verzinsung auf das Ersparte. In einer Zeit des Niedrigzinses fallen sie aber nicht so sehr ins Gewicht. Bei der neuen Klassik gibt es nur die eingezahlten Beiträge als Garantie, die Renditen basieren also auf dem Erfolg beim Anlegen.
Derzeit sind breit gestreute Portfolios mit Aktienfonds die beste Wahl für die meisten Menschen. Über eine Fondspolice ohne Garantie kann man die Vorteile eines Spardepots mit den Steuervorteilen einer Versicherung kombinieren. Hier müssen allerdings die Kosten zuvor genau analysiert werden, am besten auch mit professioneller Unterstützung.
ETFs
Viele Menschen setzen heute auf Geldanlagen für ihre Altersvorsorge. Vor allem die Vorsorge mit ETFs liegt im Trend. Die sogenannten „Exchange Traded Funds“ sind Fonds, die an der Börse gehandelt werden und einen Index abbilden. Durch die Investition in ein breites Feld an Märkten (Stichwort Risikostreuung) und die passive Verwaltung werden hier die laufenden Kosten klein gehalten.
Die ETFs rentieren sich als Anlageform für die Altersvorsorge nur dann, wenn über Jahre investiert wird. Ein langsamer und beständiger Vermögensaufbau soll solide Rendite und ein vergleichsweise geringes Risiko mit sich bringen, was mit ETFs möglich ist. Auch kannst Du sie flexibel anpassen, wenn sich die Einkommensverhältnisse ändern.
- Zinseszins und Cost-Average-Effekt machen langfristiges Sparen attraktiver. Rendite werden reinvestiert, um das eingesetzte Kapital langsam aber kontinuierlich steigen zu lassen.
Immobilien
Eine Investition in Immobilien kann einerseits ertragreich und andererseits risikobehaftet sein. Immobilien, die in ihrem Wert steigen, garantieren gleichzeitig höhere Mieteinnahmen. Solche Steigerungen lassen sich aber kaum vorhersagen, auch muss unter Umständen viel Geld in die Instandhaltung investiert werden.
Die Vorsorge in Form einer Immobilie hängt sehr stark vom Standort ab. In städtischen Gebieten steigen die Preise fast kontinuierlich, während sie am Land (je nach Gegend) im Sinken begriffen sind.
Als monatliche Sparsummen für Vermögensaufbau, Versicherungen und Altersvorsorge sollten 30-jährige Unternehmer*innen mindestens 20% ihres Nettoverdiensts einplanen, 40-Jährige bereits 30% und 50-Jährige 40%. Mit dem richtigen Finanzkonzept kann der gewohnte Lebensstandard bis zum Lebensende gehalten werden.
Fazit
Gründer*innen, für die keine Versicherungspflicht besteht, tun gut daran, sich eher früher als später mit ihrer Altersvorsorge auseinanderzusetzen und nicht auf gesetzliche Neuerungen zu warten. Die richtige Finanzberatung zu finden ist für Unternehmer*innen von großer Bedeutung. Durch das Niedrigzinsumfeld rentieren sich die GRV und Basis-Rente kaum, so sollten Unternehmer*innen direkt an den Kapitalmärkten investieren. Eine Kombination aus verschiedenen Produkten ist ein guter Ansatz.
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Über den Gastautor
Nico Hüsch ist unabhängiger Anlageberater und Geschäftsführer der Nico Hüsch GmbH. Das Unternehmen hat sich auf die optimale Vermögensberatung spezialisiert und bietet seinen Kunden neben der Beratung eine detaillierte Ist-Analyse vorhandener Investments sowie die Ausarbeitung eines ganzheitlichen Finanzkonzeptes, bei dem sämtliche Kosten, Inflation und Steuern berücksichtigt werden.