Genug geredet? Oder zu wenig? Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber an Berichten in den Medien über das Thema Flüchtlinge mangelt es ja nicht. Doch reden die Menschen wirklich miteinander? Oder findet die Debatte hauptsächlich in Zeitungen oder Blogs, auf Demos oder Facebook statt? Und hört da jemand richtig zu oder werden viele schlicht ihre Meinung los über das, was sie immer schon mal sagen wollten? Unsere Kolumnistin Elke Tonscheidt vom Blog ohfamoos macht sich so ihre Gedanken.
In letzter Zeit höre ich das oft: Freunde, die sich plötzlich mit Freunden über das Thema Flüchtlinge böse zerstreiten. Ja, sogar Ehen kriseln – weil der Partner plötzlich Dinge sagt, die man nie vermutet hätte. Eine Bekannte schrieb mir kürzlich: „Diese Thematik polarisiert so unglaublich, dass sie bei Menschen, die ich glaubte zu kennen, Reaktionen auslöst und Ansichten hervor bringt, die ich mir bei ihnen nicht hätte vorstellen können.“
Im Zeitalter der sozialen Medien besser zuhören lernen?
Kennt Ihr das? Ist das so? Stellt uns die aktuelle Flüchtlings-Diskussion vor die Herausforderung, im Zeitalter der virtuellen Kommunikation richtig zuzuhören? Auf Zwischentöne zu achten, sich der Debatte zu stellen, ja vielleicht wieder politisch zu streiten? Damit meine ich nicht, AfD-Anhänger in die Ecke zu stellen, sondern auch sie mit ihren Problemen anzunehmen – ob man die Meinungen nun teilt oder nicht. Denn es hilft ja nix: Ignorieren führt selten dazu, dass sich etwas auflöst, oft verstärkt es sich eher.
So bin ich auf eine Initiative gestoßen, die genau das macht, was auch in meinen Augen angesagt ist: Debattieren. Miteinander. Sich nicht ausgrenzen, die Argumente des anderen ernst nehmen, Bewusstsein schaffen. Welches Land wollen wir sein – über diese Fragestellung finden derzeit in ganz Deutschland ungewöhnliche Veranstaltungen statt. Zu denen Menschen kommen, um sich mit aufrichtigem Interesse füreinander auszutauschen – mit wenigen, manchmal auch prominenten Gastrednern, die pro bono kurze Statements geben, dann diskutiert der ganze Saal. Manchmal sind mehrere Hundert Leute da an so einem Abend oder Morgen…
„Es gab bisher keinen einzigen Eklat“
Einer derjenigen, der die Initiative mitgegründet hat, sagte mir im Interview: „Es gab bislang keinen einzigen Eklat. Es geht nie aggressiv, im Gegenteil sehr angenehm zu. Pegida-Auffassungen werden nicht niedergebrüllt, man geht darauf ein, dann geht die Diskussion in eine andere Richtung weiter. Übrigens dialogisch, also man sondert nicht nur ab, was man immer schon mal sagen wollte.“ Harald Welzer, mein Interview-Partner, ist Professor für Transformationsdesign an der Europa-Universität Flensburg und lehrt Sozialpsychologie an der Universität St. Gallen.
Ich finde das großartig. Selber machen, nicht warten, bis andere einladen. Sich austauschen. Gerade soziale Unternehmer denken und arbeiten ja so, fangen an, entwickeln Ideen, spinnen sie mit anderen weiter. Einige von ihnen findet Ihr auch bei dieser Initiative: Hier haben sich Blogger gefunden, die Flüchtlingsprojekte unterstützen. Am Anfang waren es vor allem Food-, Buch- Familien und Politikblogger, die so zeigen: Die Flüchtlingshilfe geht uns alle etwas an.
Oder wie es jemand auf der Veranstaltung der offenen Gesellschaft im Theater Freiburg formulierte: „Warum sind wir alle hier? Vielleicht hat ja jeder so ein komisches Bauchgefühl oder so ein Drücken. Ist es gerade o.k. so wie ich mein Leben lebe? Jeder sitzt so in seiner Komfortzone und ich glaube, es ist an der Zeit, diese mal zu verlassen und sich zu fordern.“
Was denkt Ihr? Hört ihr unvoreingenommen zu? Und redet erst dann weiter?
Weitere Links zum Thema:
Flüchtlinge in Holland:
http://ohfamoos.com/2016/03/asylpolitik-in-den-niederlanden_holland/
Startups helfen Flüchtlingen:
https://www.social-startups.de/migration-hub-startups-helfen-fluechtlingen/
Über die Autorin
Kolumnistin Elke Tonscheidt ist eine der Gründerinnen von ohfamoos – der Lifestyle-Blog für den Blick nach vorn. Von und über Menschen, die Neues wagen und machen. Der Mix aus individuellem Lebensstil, konstruktivem Trotz, Humor und Neugierde gefällt Social startups.de so gut, dass diese Kolumne draus wurde. Denn sowohl den BloggerInnen als auch den Unternehmern geht es um Perspektivwechsel, inspirierende Projekte und um Geschäftsideen, die das Lösen gesellschaftlicher Probleme im Vordergrund sehen.
Ein Kommentar
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