Hinter dem Begriff „Bioplastik“ kann sich Unterschiedliches verbergen. Zum Einen gibt es „biobasierte“ Tüten – sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke hergestellt. Diese Tüten sind nicht zwingend auch biologisch abbaubar. Zum Anderen gibt es biologisch abbaubare Tüten. Sie sind aus verschiedenen Materialien, die in der Natur verrotten sollen. Festgelegt ist diese biologische Abbaubarkeit durch eine veraltete Industrienorm. Und damit sind wir auch schon beim Problem.
Was steckt alles hinter dem Begriff „Bioplastik“?
„Bioplastik“ wird in zwei Bedeutungen gebraucht:
Seitdem die fossilen Rohstoffe immer knapper werden, gehen Hersteller zurück zur „biobasierten“ Produktion aus nachwachsenden Rohstoffen. Biobasierte Plastiktüten werden laut NABU meistens aus Ethanol hergestellt. Dieses wird wiederum oftmals aus brasilianischem Zuckerrohr gewonnen und dient „zur Herstellung konventioneller Kunststoffe wie PE (Polyethylen) und PET (Polyethylenterephthalat)“. Diese Tüten sind biobasiert, aber NICHT biologisch abbaubar.
Biobasierte Tüten, die aus Mais-oder Kartoffelstärke hergestellt werden, bestehen dagegen aus PLA (Polymilchsäuren) und sind biologisch abbaubar. Welche Art von „Bioplastiktüte“ Du in der Hand hältst, wird entweder kleingedruckt auf der Tüte angegeben oder muss extra beim Hersteller erfragt werden.
Wo gibt es biologisch abbaubares Plastik?
Vielleicht kennst Du Bioplastiktüten schon aus dem Handel. Dort werden sie zum Beispiel als Einlage für den Biomüll angepriesen. Sie sollen nach Gebrauch einfach dem kompostierbaren Müll zugeführt werden, weil sie angeblich verrotten.
Das tun sie auch. Bioplastiktüten haben ein Gütesiegel, das sie als zu 100% kompostierbar ausweist. Nach drei Monaten in einer industriellen Kompostieranlage ist die Tüte beinahe vollständig zersetzt. Das Problem dabei: Die modernen Kompostieranlagen in den Städten haben Zyklen von etwa vier Wochen. Viel zu wenig Zeit für den Zersetzungsprozess.
Greenwashing-Skandal mit Bioplastik
2012 wollte der Gründer der Deutschen Umwelthilfe es genau wissen. Er deckte auf, dass die Bioplastiktüten in den Kompostieranlagen eben nicht verrotten. Stattdessen wurden sie herausgesiebt und der Verbrennung zugeführt. Viele Anbieter von Bioplastiktüten zogen diese nach Veröffentlichung der Ergebnisse zurück. Gleichzeitig wurde bekannt, dass auch der heimische Kompost oder die Natur keine geeigneten Orte für die Bioplastiktüten sind. Die speziellen Bedingungen, unter denen die Tüten verrotten, lassen sich ausschließlich in den industriellen Kompostieranlagen herstellen. Die Norm, die die biologische Abbaubarkeit festlegt, nimmt vollkommen andere Bedingungen für die Zersetzung an.
Werden die Tüten mit dem Gelben Sack entsorgt, können sie sogar den Recycling-Prozess anderer Kunststoffe behindern, weil sie von den Anlagen nicht als Kunststoffe erkannt werden.
Rohstoffintensive Herstellung, kaum Vorteile
Experten kritisieren darüber hinaus, dass auch für biobasierte Plastiktüten verschiedene Rohstoffe angebaut, gedüngt, geerntet und verarbeitet werden müssen. Der Rohstoff für die Tüten ist etwa zwei- dreimal teurer als Plastik aus Erdöl, sagt Thomas Buchelt, Technikmanager einer Fabrik gegenüber „Greenpeace“. Auch entsteht durch die Zersetzung der Tüten kein Vorteil für die Böden. Bei tatsächlich geglückter Kompostierung werden lediglich CO2 und Wasser frei. Der Gründer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, hält daher jede Bioplastiktüte für Verbrauchertäuschung.
Lediglich die insgesamt schnellere Verrottung als herkömmliches Plastik spricht für die Bioplastiktüte. Gelangt Bioplastik in die Umwelt, zerfällt es in wenigen Jahren. Das ist wesentlich schneller als die meisten Kunststoffe auf Erdölbasis. Der NABU betrachtet dennoch Bioplastik eher als „Gewissensberuhigung und Marketinginstrument“. Ein ökologischer Vorteil der Tüten sei nicht vorhanden.
Dieser Artikel erschien in abgeänderter Fassung zuerst auf der Plattform codecheck.