19.11.2012 – Heute möchten wir Ihnen einen Gastartikel von Johannes Bittner (www.washabich.de) zur Verfügung stellen, der sich um das Thema Gründung eines Sozialunternehmens dreht. Johannes stellt darin drei Schritte vor, wie man sozial gründen kann.
Da ist diese eine gute Idee, die sich in Ihrem Kopf festgesetzt hat. Aus der Idee ist inzwischen eine Initiative geworden und Sie haben Mitstreiter gefunden, um ein gesellschaftliches Problem unternehmerisch zu lösen. Im Impressum der Website Ihrer Initiative steht Ihr eigener Name. Spätestens hier taucht die Frage auf: Brauche ich einen Verein, sollte ich ein Unternehmen gründen? Wie geht es weiter?
Die Frage nach der Rechtsform ist für Sozialunternehmer oft weit mehr als die Gestaltung der richtigen juristischen Rahmenbedingungen für das eigene Vorhaben. Vielmehr möchte man mit der Wahl eine Haltung vermitteln und bestimmte Wirkungen erzielen. Wann aber ist der richtige Zeitpunkt zur Gründung eines Sozialunternehmens, und für welche Rechtsform sollten Sie sich entscheiden?
Schritt 1: Der richtige Zeitpunkt
Wenn Sie sich Gedanken über die Gründung eines Vereins oder einer GmbH machen, ist Ihre Idee meist schon gereift oder bereits in den Anfängen umgesetzt. Das ist gut so, denn Ihr Handeln und ein Ausprobieren, ob sich Ihre Idee überhaupt realisieren lässt, steht am Anfang im Mittelpunkt. So lange Sie Ihre Initiative als Privatperson vom eigenen Wohnzimmer aus koordinieren können, ist alles in Ordnung.
Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem Sie helfende Hände suchen und finden. Es kommt der Wille, eine Struktur zu schaffen, der man sich anschließen und mit der man sich identifizieren kann. Sie benötigen vielleicht ein eigenes Büro und sie fangen an, sich über die Akquise von Finanzmitteln Gedanken zu machen.
Sobald Sie Spenden für Ihre Initiative sammeln möchten, Stiftungen um Unterstützung bitten wollen oder Förderprogramme interessant für Sie werden, sollten Sie sich mit dem Gedanken einer Gründung anfreunden. Voller Entschlossenheit können Sie sich anschließend dem nächsten Schritt stellen: der Wahl der richtigen Rechtsform für Ihr Sozialunternehmen.
Schritt 2: Die richtige Rechtsform
In Deutschland gibt es mehr als 20 Rechtsformen, von denen viele erst einmal nicht für Sozialunternehmen geeignet sind. Schaut man sich die Landschaft der Social Entrepreneurs hierzulande an, trifft man auf häufig wiederkehrende Konstrukte:
Der eingetragene Verein (e.V.) ist ein sogenannter Idealverein und verfolgt ideelle Zwecke. Er ist aber nicht automatisch gemeinnützig im steuerlichen Sinne. Ein Verein bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Er lässt sich verhältnismäßig schnell ins Leben rufen und erfordert dazu keine finanziellen Mittel. Zudem hat der Verein einen guten Ruf: Jeder Bürger kennt ihn, vertraut ihm und spendet meist gerne für ihn. Dieses Vertrauen teilen oft auch Stiftungen – und Finanzämter, wenn es um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit geht.
Die Kehrseite der Medaille: Vereine sind von der Struktur nicht so angelegt, dass ein Sozialunternehmer an dessen Spitze steht und dort bleibt. Vielmehr steht der Verein als Struktur und dessen Vereinszweck im Vordergrund – unabhängig, von welchen Personen dieser Zweck erfüllt wird. Vereinsstrukturen lassen außerdem keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit im unternehmerischen Sinne zu, die aber für potentielle Investoren oft von großer Bedeutung ist. Sie können durchaus langfristig mit einer Vereinsgründung die richtige Wahl treffen, aber hier genauso schnell an Grenzen gelangen.
Sobald man sich vom Spielfeld der Vereine entfernt, begibt man sich auf ein Terrain, was ursprünglich nicht für Sozialunternehmer geschaffen wurde. Dennoch kann eine Kapitalgesellschaft wie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für Sie eine gute Lösung sein.
Mit einer GmbH genießen Sie durchaus gutes wirtschaftliches Ansehen – die Tatsache, dass Sie zunächst 12.500 € Stammkapital (inkl. der 500 bis 1.000 € Gründungskosten) auf den Tisch gelegt haben, unterstreicht die Ernsthaftigkeit, mit der Sie Ihre Ziele verfolgen. Seien Sie sich jedoch bewusst, dass Sie nun als Unternehmer auf andere wirken und sich auch an neue Regeln halten müssen: Als potentieller Geschäftsführer müssen Sie für einen reibungslosen Betriebsablauf sorgen, Verwaltungsaufgaben erfüllen und auch steuerrechtliche Pflichten erfüllen.
Seit wenigen Jahren stellt die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) eine gründerfreundliche Vorstufe zur GmbH dar. Sie erfordert nur ein minimales Stammkapital, genießt aber aufgrund der geringeren Bekanntheit auch weniger Ansehen. Mit Einbringung des entsprechenden Stammkapitals lässt sie sich zu einem späteren Zeitpunkt in eine GmbH umwandeln.
An die Wahl der richtigen Rechtsform schließt sich gleich die nächste Frage an: Sind Sie eigentlich gemeinnützig oder nicht? Wer bestimmt das, oder können Sie sich das sogar aussuchen?
Schritt 3: Die Gemeinnützigkeit
Sowohl ein Verein als auch eine GmbH oder UG kann im steuerlichen Sinne gemeinnützig werden, um in den Genuss steuerlicher Vergünstigungen zu kommen und Spendern Zuwendungsbescheinigungen ausstellen zu können. Um gemeinnützig zu werden, muss man im Sinne der §§ 51 ff. der Abgabenordnung (AO) handeln – diese Paragraphen sind unbedingt lesenswert. Entsprechend wichtig ist, wenn man gemeinnützig werden möchte, der entsprechende Satzungszweck des Unternehmens. Es empfiehlt sich sehr, mit einem Satzungsentwurf das zuständige Finanzamt aufzusuchen, um sich abzustimmen.
Wenn Sie als Sozialunternehmen Spenden sammeln wollen oder einen Kreis an Förderern aufbauen möchten, sind Sie also mit dem Anstreben einer Gemeinnützigkeit gut beraten. Zwingend erforderlich kann sie auch sein, sobald Sie Gelder von Stiftungen erhalten oder von Förderprogrammen profitieren wollen.
Auf der anderen Seite gilt: Nicht jedes Sozialunternehmen muss zwingend gemeinnützig sein, um der Gesellschaft Gemeinwohl zu stiften. Und oft kann auch ein Konstrukt aus einer gemeinnützigen und einer nicht-gemeinnützigen Körperschaft eine sinnvolle, wenn auch durch vermehrten Verwaltungsaufwand teure Lösung sein.
Fazit
Der eigentliche Gründungsvorgang will – wie auch beim gewinnorientierten Unternehmen – gut geplant sein. Ein erster Schritt, beispielsweise die Vereinsgründung, muss aber auch nicht gleich der Bund für’s Leben sein: Rechtsformen lassen sich umwandeln. Denn oft ist der Zeitpunkt zur Gründung noch nicht der Punkt, an dem man alle Kriterien für die richtige Entscheidung kennt.
Am Ende gilt: Die Gründung ist wichtig und schafft essenzielle Rahmenbedingungen für die sozialunternehmerische Tätigkeit – aber: Im Mittelpunkt bleibt weiterhin die gesellschaftliche Wirkung, die man durch sein Tun erzielen möchte.
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Über den Autor
Johannes Bittner ist Medizinstudent und Sozialunternehmer. Er hat 2011 gemeinsam mit Anja Kersten und Ansgar Jonietz den Übersetzungsdienst für medizinische Befunde „Was hab‘ ich?“ (www.washabich.de) gegründet und ist seit März 2012 geschäftsführender Gesellschafter der „Was hab‘ ich?“ gGmbH. Er schreibt über seine Erfahrungen auf www.johannesbittner.de.
4 Kommentare
Danke für diesen Artikel! Wir selbst haben 2010 mit YouCan Trust Deutschland eine gemmeinützige UG gegründet und es war für uns die richtige Entscheidung. Der Vorteil ist, dass es nicht mindestens 7 Personen wie bei einem Verein braucht. Auch haben wir die Erfahrung gemacht, dass diese Gesellschaftsform auch unser Denken und Handeln im positiven Sinne beeinflusst.
In der Außenwirkung werden wir sehr gut angenommen. Niemand fragt, warum wir kein Verein sind. Und langsam entwickelt sich ja auch bei uns in Deutschland ein Verständnis dafür, dass es eben nicht nur Charity auf der einen und rein wirtschafltich orientierte Unternehmen auf der anderen Seite gibt. Eben dass es möglich ist, sich auch als Unternehmen sozial aufzustellen. Denn bislang war es ja teils so, dass eine Art nicht ganz richtiges Verständnis entstanden ist. Wenn es zum Beispiel heißt, dass 100% von Spenden ankommen, wird miner Einschätzung nach in den Köpfen der Menschen ein Irrglaube vermittelt. Dahingehend, dass gemeinnützige Organisation im großen und ganzen kostenfrei agieren, was ja nicht funktionieren kann. Als gemeinnütziges Unternehmen stellt es von Anfang an anders dar, sodass sich unternehmerisches Handeln und Gutes tun nicht mehr gegenseitig ausschließen.
Liebe Frau Palme, vielen Dank für Ihren Kommentar. Ihre Erfahrung mit der Gründung der gUG ist ein sehr schönes Beispiel dafür, welchen Einfluss die Rechtsform auf die Außenwirkung haben kann. Viel Erfolg weiterhin mit YouCan Trust!
Findevden Artikel sehr interessant. Ich möchte gerne eine kleine Buchreihe veröffentlichen, aber andere Autoren daran beteiligen und nicht selbst als Schreiberling fungieren, sozusagen eher Herausgeber werden und jeweils kleine Anmerkungen in Form Eies Vorwortes verfassen. Nun gilt beimir dadurch die selfpublisher Regel nicht und muss quasi einen eigenen Verlag gründen, sogar ich keinen Interessenten finden sollte.
Meine Idee dabei ist, dass ich das Werk vollkommen kostenlos über gängige Stores als ebook veröffentlichen möchte. Dabei steht es nicht im Konflikt mit der Buchpreisbindung, da ich den Betrag von vornherein auf 0,- festlegen werde.
Ich baue eine Verlags Präsenz im Internet auf und werde die Autoren vorstellen. Die Seite werde ich mit sozialen Netzwerken verbinden, um den heutigen Standarte einzuhalten und Leser direkt mit einer Art Community verbinden. Da habe ich speziell nach Autoren gesucht,die bisher noch nichts veröffentlicht haben, aber dennoch einen schönen Schreibstil haben und vielleicht bisher nur eine Kurzgeschichte verfasst haben. Buchdesign werde ich ebenfalls selbst über nehmen und baue mit dem Projekt quasi eine Referenz während meiner Mediendesignausbildung auf, dies ist mein Grundgedanke.
Da ich allerdings nicht gewinnorientiert handeln möchte, käme da für mich ebenfalls eine gUG in Frage? Vielleicht wird später etwas grösseres daraus und kann eventuell eine Kulturförderung beantragen. Themenschwerpunkt der Buchreihe mit Kurzgeschichten und kleineren Romanen wäre die Schwarz Romantik.
Zwar kann ich über Anbieter wie feiyr ebenfalls ein Buch als kostenlose Version in gängige Stores wie Thalia usw im Handel listen lassen, aber glaube auch dies gilt nur, wenn man selbst als Autor fungiert und nicht andere in einem Sammelwerk vereint. Da käme in um eine Unternehmensgründung nicht drumherum.
Um das Projekt nach Fertigstellung noch weiter zu bewerben, gestalte ich zu jeder Geschichte noch Fanartworks und verbreite diese in Onlinegallerien. Zusätzlich tagte ich diese mit den Autorennamen und Buchtitel, um ein hohes Googleranking zu erhalten und die Autoren zu unterstützen. Glaube sowas hat bisher noch kein Verlag als Werbemethode angeboten. Ob es funktioniert oder nicht, erfährt man erst durch ausprobieren und mir macht gerade dies besonders viel Spass
Möchte mit dem Bruder einen Fonds für die Unterstützung von blinden Kindern schaffen. Die brauchen Hilfe bei der sozialen Vernetzung. Hoffe, die Spenden könnten doch helfen. Dankbar für die Tipps zu den Gründungsschritten. Wie sieht es mit den Steuern dann? Werden auch die Spenden besteuert, wer weiß?