Proboneo ist der vielversprechende Zusammenschluss von Wirkung hoch n, Talentspender und re.frame in Sachen Pro-Bono. Proboneo will dieses Konzept des Engagements in Deutschland stärker zu etablieren und sowohl für interessierte Unternehmen oder Fachkräften, als auch für NGOs eine Angebotsplattform schaffen. Die Initiatorin Claudia Leißner sprach in einem Interview über die Chancen und die Herausforderungen von Pro-Bono. Das Interview führte Anna Rösch.
Inwiefern unterscheidet sich eigentlich Pro-Bono vom Ehrenamt?
Ehrenamt bezeichnet das Engagement von Menschen ohne Entlohnung. Das Corporate Volunteering ist dabei eine Unterart. Hier stellen Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens, ihre Mitarbeiter als Unterstützung zur Verfügung. ProBono unterscheidet sich darin, dass man hier nicht nur seine Zeit, sondern dabei insbesondere seine Profession bzw. seine Kompetenzen für einen guten Zweck einsetzt. Dabei handelt es sich in der Regel um sehr hochpreisige Dienstleistungen, welche sich gemeinnützige Organisation nicht so einfach am offenen Markt leisten können, wie z.B. Rechts- und Steuerberatung, Markenstrategieentwicklung, Businessplan-Erstellung, IT-Unterstützung.
Wie sieht die Situation in Deutschland aus?
“Der Begriff Pro-Bono ist in Deutschland bisher nur sehr vereinzelt verbreitet. Meist wird es von großen Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen mit angelsächsischem Hintergrund angeboten. Aber auch wenn es das Konzept als solches kaum gibt, wird vielerorts Pro-Bono bereits mit Selbstverständnis praktiziert. So kann beispielsweise ein Installateur in der Nachbarschaft kostenlos aushelfen oder der Steuerberater das Mandat für eine Organisation übernehmen. Geschätzt sind das sogar ca. 200.000 Leute, welche sich mit ihren Fähigkeiten in die Gesellschaft einbringen. Aber was in Deutschland noch fehlt, ist, dass Pro-Bono flächendeckend funktioniert und als eine Ressource verstanden wird.
Warum wäre es wichtig das Pro-Bono-Modell stärker zu verbreiten?
Gerade weil bei vielen NGOs und NPOs immernoch die Meinung vorherrscht, dass 100% der Spenden im Projekt ankommen müssen, und dass der ganze Overhead so klein wie möglich gehalten werden müsste, sind kaum Gelder und vor allem keine Spendengelder für teure Expertenleistungen vorhanden. Soziale Organisationen trauen sich also gar nicht, in ihre Infrastruktur zu investieren. Dabei ist es doch klar, dass eine gute Idee nur durch Professionalisierung und gute Organisation umgesetzt werden kann.
Statt jedoch bei Unternehmen nur um Geldspenden zu bitten, könnten und sollten Projekte ebenso professionelle Hilfeleistung nachfragen. In der Praxis sind viele Unternehmen im Rahmen von sog. „Social Days“ dafür sehr offen. Doch was bringt es, wenn eine Fachkraft mit einem Stundensatz von 150 Euro an einem Nachmittag in einem Kindergarten die Wand streicht? Durch die Wirkungsbrille ist das extrem ineffizient. Die Mitarbeiter hatten vielleicht recht viel Spaß und die KITA meistens einen relativ hohen Organisationsaufwand.
Warum könnte Pro-Bono dann auch für die Unternehmen interessanter sein?
Pro-Bono ist nie nur eine Einbahnstraßen: Unternehmen und Führungskräfte profitieren mindestens soviel wie die NGO´s von der Sache. Beim qualifizierten Engagement können Mitarbeiter ihre Fähigkeiten in einem völlig anderen Kontext einsetzen. Sie müssen sich mit anderen Erfahrungswelten, Denkweisen und Sprachen auseinandersetzen. Das schärft Feingefühl und erweitert den Horizont und flexibles Denken. Auf diese Weise lässt sich bürgerliches Engagement und Mitarbeiterentwicklung zusammenbringen.
Auch im Bereich des Corporate Social Responsibility versucht man gerade diese Brücke zu schlagen und das eigenes Thema damit auch ganzheitlicher zu sehen. Denn letztlich ist ein Unternehmen ein gesellschaftlicher Ort und arbeitet nicht als Blase abseits der Gesellschaft. Wirtschaft und Sozialsektor können nicht mehr als Säulen ohne Berührungspunkte nebeneinander existieren. Das kommt langsam bei den Unternehmen an.
Was sollten sowohl soz. Organisationen als auch Unternehmen beim Pro-Bono-Modell bedenken?
Soziale Organisation sollte sich am amerikanischen Vorbild des „Act like a paying client“ orientieren. D.h. Sie müssen sich darüber bewusst werden, dass sie auch durch ein Pro-Bono-Angebot letztlich eine Dienstleistung beauftragen. Der Auftrag muss also klar und für beide Parteien transparent und einvernehmend besprochen werden. Das fängt damit an, dass es zu Beginn ein strategisches Briefing geben sollte, wo das Ziel definiert wird, der zeitliche Rahmen und Meilensteine gesetzt werden und das systematische Vorgehen sowie die weitere Kommunikation besprochen wird. Nur so lassen sich spätere Missverständnisse im Ablauf oder Unzufriedenheiten mit dem Ergebnis umgehen.
Die andere Seite, das Unternehmen, sollte sich dann ausschließlich auf die beauftragte Sache konzentrieren ohne versuchen zu wollen, die Organisation noch anderweitig zu „optimieren“. Oftmals fallen während des Prozesses weitere Baustellen auf, welche aus wirtschaftlicher Sicht ineffizient oder provisorisch wirken. Jedoch sollte das Unternehmen sich auch als Dienstleister verstehen und erkennen, dass soziale Organisationen eben andere Schwerpunkte und Herangehensweisen haben.
Wie arbeitet Proboneo?
Es ist nicht damit getan, eine Online-Plattform aufzubauen, wo sich beide Seiten registrieren können und zu denken, damit würde die Sache laufen. Hier treffen zwei unterschiedliche Welten mit unterschiedlichen Sprachen aufeinander. Deshalb bieten wir von Anfang an eine beidseitige Begleitung an.
Um von vornherein gute Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zu schaffen, evaluieren wir zunächst, ob hinter dem Bedarf einer Organisation nur ein Symptom oder eine Ursache steckt. Denn im Alltag des Geschehens ist es für die Organisation oftmals nicht leicht herauszufinden, ob sich etwas nur schwierig anfühlt oder ob das Problem nicht eigentlich woanders liegt. Auch die Dienstleister müssen mit ihrem Profil und ihren Wünschen erfasst und verstanden werden, um das für sie richtige Projekt zu finden. Bis Ende 2014 starten wir deshalb erstmal eine Testphase, um unser Angebot bestmöglich auf die Bedürfnisse einer Pro-Bono-Zusammenarbeit auszurichten.