Viele hundert Hochschulen und mehrere tausend unterschiedliche Studiengänge gibt es allein in Deutschland. Und während der Schulzeit wird immer noch viel zu wenig Wert darauf gelegt, die Schüler intensiv auf die wichtige und entscheidende Frage, was nach der Schule passiert, vorzubereiten. Svanja Kleeman hat auf die Unsicherheiten zahlreicher Schüler eine Antwort gefunden: Zusammen mit ihrem Team hat sie One Week Student entwickelt, eine Plattform für Schüler, die das Studieren einfach erstmal probieren wollen.
Ein Dschungel aus verschiedene Hochschulen und Studiengängen erwartet Schüler am Ende ihrer Schulzeit. Woher wissen, welches Studienfach das Richtige ist und welche Stadt? Fachhochschule oder Universität? Und ist ein Studium überhaupt der richtige Weg für mich? Fragen wie diese schwirrten 2009 auch Svanja Kleeman durch den Kopf. Abitur – und nun? Die Entscheidung für das richtige Studienfach fiel ihr schwer. Doch Svanja fand eine Möglichkeit, das Problem, vor dem so viele Schüler am Ende ihrer Schulzeit stehen zu lösen: Man sollte das Studieren probieren können! Und so gründete sie im Rahmen eines Ideenwettbewerbs für Studierende One Week Student.
Auf der One Week Student Plattform können interessierte Schüler auf hilfsbereite Studenten treffen, die bereit sind, einen Schüler für drei bis fünf Tage bei sich aufzunehmen und ihnen die Studentenwelt zu zeigen. So können Schüler noch bevor sie sich für ein Studium entscheiden müssen, verschiedene Studiengänge einfach mal ausprobieren. Und danach auf jeden Fall ein gutes Stück mehr über das Studentenleben wissen. Teilnahmevoraussetzungen gibt es für die Schüler keine, auch wenn eine Teilnahme erst ab der Oberstufe empfohlen wird, sobald sich die Schüler intensiv mit der Wahl eines Studiums auseinandersetzten.
Bis 2012 dauerte es, bis das Projekt One Week Student so richtig ins Rollen kam. Seitdem können Schüler einen Einblick in das Studentenleben, wie es wirklich ist, bekommen. Mittlerweile besteht das Projekt-Kernteam aus ganzen 12 Personen, die momentan noch alle ehrenamtlich quer verteilt über Deutschland an der Entwicklung von One Week Student arbeiten.
Warum Studieren probieren?
Der Vorteil für die Schüler liegt auf der Hand: etwas Neues ausprobieren, das man noch nicht kennt und danach besser Bescheid wissen und fundiertere Entscheidungen treffen können. Und gerade die Möglichkeit, auch das Studenten-Freizeitleben kennenlernen zu können, heben viele Schnupperstudenten hervor. Doch warum melden sich Studenten bei One Week Student an? Svanja erklärt, dass es viele tatsächlich aus dem Grund heraus tun, weil sie es sich selbst für ihre Studienentscheidung gewünscht hätten. Viele haben ihr Studium abgebrochen oder ihr Studienfach gewechselt.
Dies wollen sie anderen jungen Menschen ersparen, indem sie ihnen schon vor Beginn des Studiums einen Einblick in ihr Studienfach, ihren Studienort sowie in das generelle Gefühl Student zu sein geben. Sie wollen anderen ihre Gastfreundschaft und ihre Hilfe anbieten, ihren kleinen Teil als Weltverbesserer beitragen, wie es Adrian, ehemaliger Teilnehmer von One Week Student beschreibt. Durch ihre Hilfe können sie Studieninteressierten dabei helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. Außerdem gibt es am Ende der Schnupperwoche ein Zertifikat für soziales Engagement.
Wie finden Schüler und Studierende zusammen?
Auf der One Week Student Plattform können sich sowohl die Gastgeber als auch die interessierten Schüler registrieren. Dort ist ein Filter eingebaut, mit dem die Schüler gezielt nach passenden Gastgebern für sich suchen können. Außerdem ist ein Mechanismus eingebaut, der die Interessen der Schüler automatisch mit den Interessen der Studenten abgleicht und die besten Matches anzeigt.
Die gesamte Kommunikation danach erfolgt durch die Teilnehmer selbst, dabei hält sich One Week Student raus und setzt auf die persönliche Interaktion zwischen Schüler und Student. Passt das Matching und entsteht gegenseitige Sympathie zwischen Schüler und Student, kann die Schnupperwoche beginnen und der Schüler zieht beim Student ein.
Die Studenten nehmen die Schüler jedoch nicht nur bei sich zu Hause auf, sondern sie lassen ihre Schnuppergäste am ganzen Studentenleben teilhaben: In Vorlesungen in der Hochschule genauso wie im Alltagsleben darum herum. Und abends können sie gemeinsam auch das studentische Nachtleben ausprobieren.
Fakt ist: Studierende erhalten so nicht nur theoretische Informationen aus Studienratgebern, sondern Informationen und Erfahrungen persönlich und aus erster Hand. Damit kann One Week Student Studieninteressierten die Wahl eines Studiums erleichtern, zu mehr Zufriedenheit im späteren Studium verhelfen und die Quote von Studienabbrechen verringern.
Immer mehr Schnupperwochen möglich
Und die Möglichkeiten für ein Studentenleben-Schnuppern werden immer breiter, denn das Team von One Week Student arbeitet eifrig daran, sich immer weiter auszubreiten: Aktuell können sich Studieninteressierte aus einem Angebot von bereits 98 Studienorten, 153 Hochschulen und 430 Studiengängen ihre Wunsch-Schnupperwoche aussuchen. Und um das Programm noch bekannter zu machen, gibt es mittlerweile in zahlreichen Städten lokale One Week Student Vertreter, die auf das Schnupperstudieren aufmerksam machen und Schnupperstudenten beratend zur Seite stehen.
Doch an Stillstand denkt das Team trotzdem noch lange nicht: so haben sie sich das Ziel gesetzt das Matching zwischen Schülern und Studenten immer weiter zu verbessern. Und auch auf Master-Studiengänge soll das Programm bald ausgeweitet werden.
Besonders freut sich Svanja über die zahlreichen positiven Feedbackberichte, die sowohl von den Schülern, als auch von den Studenten kommen. Gerade Schüler, die mehrere Schnupperwochen absolvieren und Studenten, die immer wieder neue Gäste bei sich aufnehmen, machen die Gründerin glücklich. Aus vielen Schnupperpaaren werden im Laufe ihrer gemeinsamen Tage sogar Freunde: Gerade wenn die Schüler ihren Matching-Partnern – angesteckt von deren Begeisterung für ihr Fach oder ihre Studienstadt – in das gleiche Studium nachfolgen.
Seit März 2015 sind One Week Student Stipendiaten des Social Impact Start Programms und arbeiten in unserem Co-Working Space im Social Impact Lab Berlin an ihrem Projekt.
(Autorin: Felicitas Nadwornicek)