On Purpose bildet im einjährigen Associate-Programm Führungskräfte für den Social Enterprise-Bereich aus. Die so ausgebildeten Verantwortungskräfte sollen im Berufsleben zugleich soziale und ökologische sowie kommerzielle Herausforderungen annehmen. Das Konzept wurde erfolgreich in Deutschland eingeführt. Wie lief es ab und was können wir von den anderen lernen? Wir sprachen darüber mit Fabienne von On Purpose:
On Purpose ist von Großbritannien nach Deutschland gekommen. Nun sind ein paar Jahre vergangen. Lief alles so wie geplant?
Unternehmertum – egal ob sozial oder nicht sozial – heißt immer auch, gut mit Unsicherheit umgehen und spontan auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren können zu müssen. Wenn bei dem Agieren auf einem gänzlich neuen Markt als Startup alles laufen würde „wie geplant“, wäre das schon stark verwunderlich. Aber wir sind bisher sehr zufrieden mit der bedächtigen und zugleich stetig positiven Entwicklung von On Purpose Berlin. Unsere Jahrgänge wachsen. Angefangen haben wir mit 14 Associates pro Jahr, jetzt schließen 26 Associates im Jahr unser Programm ab. Die enge Arbeit mit den Menschen macht kleine Gruppen jedoch auch weiterhin notwendig. Deshalb liegt eine natürliche Grenze der Jahrgangsstärke für uns bei 20 Teilnehmer*innen. Unser Erfolg zeigt sich auch daran, dass einige der Partnerorganisationen bereits zum wiederholten Male mit uns zusammenarbeiten, was für deren Zufriedenheit spricht.
Dennoch merken wir bei der Akquise regelmäßig, dass unser generalistischer Ansatz immer noch viel Kommunikation und Erklärung benötigt. Die Organisationen erwarten oft projektspezifische Spezialist*innen an Stelle von hochqualifizierten Generalist*innen.
Natürlich wird unser Wirken aber darüber hinaus auch von Herausforderungen begleitet. Die Zusammenarbeit mit Menschen und Organisationen ist nun mal immer eine sehr individuelle. Innerhalb eines Jahres kann auf beiden Seiten viel passieren. Hier gilt es dann, Fingerspitzengefühl zu beweisen. Die positive Entwicklung von On Purpose in Berlin zeichnet sich langsam aber sicher auch in unserem wachsenden Kernteam ab. Angefangen hatte alles mit einer One-man-Show, heute sind wir drei Festangestellte und eine Teilzeitangestellte. Hinzu kommen ein Werkstudent sowie eine Praktikantin. Förderlich für unsere Entwicklung war dabei immer auch unsere international wachsende Gemeinschaft, bestehend aus unserer Mutter in London und unserer Schwester in Paris sowie unserem Netzwerk aus Mentor*innen, Coaches und Trainer*innen. Sie bilden mittlerweile ein verlässliches Netzwerk, das sich gegenseitig hilft und unterstützt.
Auch unser nationales Netzwerk hat – nicht zuletzt aufgrund unserer Vision, die ja auf einer wachsenden Gemeinschaft basiert – in den letzten Jahren eine große Rolle in unserer Entwicklung gespielt. Die Social Enterprise Szene in Berlin wächst. Jetzt müssen nur auch andere Städte nachziehen. Wir merken beispielsweise in Gesprächen mit Organisationen aus Mitteldeutschland oft, dass es Zeit wird, mit unseren Themen und Visionen die Berlin-Bubble zu durchbrechen.
Hand auf´s Herz: Was können wir in Punkto Social Entrepreneurship von Großbritannien und Frankreich lernen?
Nunja, nehmen wir als Beispiel die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von On Purpose Berlin. Eine Firmierung als gGmbH wurde uns hier in Deutschland verwehrt, während unsere Schwester in Paris und unsere Mutter in London als gemeinnützige Organisationen firmieren. Diese Anerkennung hätte uns hierzulande natürlich einen deutlich einfacheren Zugang zu bestimmten Initiativen und Auszeichnungen aber natürlich auch zu finanziellen Mitteln verschafft.
Auch unabhängig von der Firmierung gibt es Unterschiede zu unserer Mutter und Schwester, z.B. der in Frankreich und London herrschende Zentralismus. Alle großen Unternehmen sind dort direkt in den Hauptstädten angesiedelt, was zu interessanten Kollaborationen führt. In Deutschland hingegen lassen sich viele von ihnen noch im Süden und Westen finden. Wenn es um die Anbahnung von Partnerschaften mit größeren Organisationen geht, um auch dort den nachhaltigen und sozialen Wandel voranzutreiben, macht sich der lokale Unterschied in Berlin also deutlich bemerkbar. Insbesondere in London ist Social Entrepreneurship außerdem schon länger Teil des wirtschaftlichen Systems. Hier gibt es daher auch mehr Partner*innen aus dem öffentlichen Sektor. An der geringen Zahl der Gründungen in Deutschland kann man zudem sehen, dass die Risikobereitschaft hier eine sehr geringe ist.
Und um hier auch nochmal auf meine Anmerkung von eben zurückzukommen: im angloamerikanischen Raum reicht es aus, als Bcorp zertifiziert zu sein. Soziales Unternehmertum wird hier unabhängig von der Rechtsform einfach stärker gefördert. Wir freuen uns daher sehr, dass sich mit dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschlands e.V. (SEND) eine Initiative in Deutschland herausgebildet hat, die durch ihre Arbeit dem Thema nicht nur zu mehr Bekanntheit, sondern sozialen und nachhaltigen Unternehmer*innen auch zu leichteren Startbedingungen verhelfen möchte. So hat sie es beispielsweise 2017 gemeinsam mit dem IBB geschafft, Förderkredite auch für Sozialunternehmen zugänglich zu machen. Es bewegt sich also auch innerhalb Deutschlands etwas, die Bewegung muss jetzt eben nur wachsen!
Was habt Ihr Euch mit On Purpose eigentlich vorgenommen?
Unser Ziel ist es, aktiv zu einer Wirtschaft beizutragen, die für alle funktioniert. Das bedeutet für uns unter anderem die Verbindung von Unternehmertum und Nachhaltigkeit in sozialem und ökologischem Sinne zu unterstützen. Um beide Welten miteinander zu verbinden und ein weiteres Wachstum des Social Enterprise Sektors sicherzustellen, werden jedoch Nachwuchskräfte benötigt, die hierfür auch die notwendigen Skills haben! Deshalb haben wir das Associate-Programm ins Leben gerufen. Das einjährige Weiterbildungsjahr gibt hochqualifizierten Arbeitnehmer*innen aus dem Corporate Sektor die passenden Werkzeuge an die Hand, um gesellschaftlichen und ökologischen Wandel voranzutreiben und eine tragende Rolle in der Welt des deutschen Social Enterprise Sektors einnehmen zu können.
Welchen Impact erreicht Ihr in Deutschland?
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass wir mit unserem Programm neben den Menschen auch ganz unterschiedliche Formen von Organisationen unterstützen. Von der Stiftung bis zur GmbH – vom Handel mit Endverbraucherprodukten bis zur Arbeit am Menschen – Startup oder Großunternehmen: unsere Associates unterstützen dort, wo sie wirken können! Und somit wird bei einer erfolgreichen Zusammenarbeit der Impact der Partnerunternehmen auch ein klein wenig zu unserem Impact. In Deutschland haben wir mittlerweile 55 Fellows – also ehemalige Teilnehmer*innen, die unser Programm erfolgreich durchlaufen haben. Unser internationales Netzwerk besteht heute bereits aus über 450 Fellows. Von ihnen arbeiten 85% auch nach dem Programm an der Verbindung von Nachhaltigkeit und Unternehmertum weiter. Durchschnittlich hat ein/e jede/r von ihnen einen Mehrwert von ca. 56.000 € für die Partnerorganisationen generiert, in denen er/sie im Rahmen des Programms eingesetzt war. Weltweit gesehen macht das mittlerweile circa 25 Millionen an Mehrwert für den sozialen und nachhaltigen Sektor.
Was sind Eure weiteren Pläne mit On Purpose?
Mittelfristig heißt es für On Purpose Berlin jetzt erstmal: gesund und stetig wachsen. Toll wäre es, wenn wir auch im kommenden Jahrgang wieder 13 oder gar mehr Teilnehmer*innen und Partnerorganisationen für uns gewinnen könnten. Ziel ist schließlich unsere Gemeinschaft immer weiter wachsen zu lassen und somit einen nachhaltigen Einfluss auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in der Welt zu generieren. Im Sommer werden wir daher auch eine/n weiter/e Kolleg*in anstellen, welche/r unser Team hier in Berlin in Bezug auf das Learning & Development Programm unterstützen soll. Langfristig wird für uns die Digitalisierung in Bezug auf die Ausweitung unseres Weiterbildungsprogramms ein Thema sein. Auch die Realisierbarkeit des Programms in anderen Städten innerhalb Europas bzw. auch weltweit, wird vermutlich noch ein Thema für uns werden.
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