Wie setzen die Unternehmen in der Region Mittelhessen Nachhaltigkeit um? Dieser Frage ging der Impulsabend im Makerspace Gießen nach und liefert auch für Sozialunternehmen hilfreiche Tipps.
Am Dienstag, den 21.03.23, fand seit langem wieder ein Impulsabend im Makerspace Gießen in Präsenz statt. „Für uns war es auch ein gewisser Nervenkitzel, weil wir ohne Voranmeldungen gar nicht wussten, wie viele Leute wirklich erscheinen werden“, so Nils Seipel.
Das Thema des Abends: „Neue Chancen durch Nachhaltigkeit“ – Wie können Unternehmen und die gesamte Gesellschaft Nachhaltigkeit nicht nur als Zwang und Bürde begreifen, sondern positive Chancen daraus ziehen? Dieser Frage stellten sich im Impuls-Format vier Referent:innen mit kurzen Vorträgen.
Nachhaltigkeit in Mittelhessen
Den Anfang machte Alexander Trampisch von der SwissCommerce, einer Online-Plattform mit mehreren Nischen-Online-Shops aus Deutschland, der Schweiz und Schweden. Unter anderem empfiehlt er Nachhaltigkeit als Marathon und nicht als Sprint zu betrachten und kleine Schritte dennoch zeitnah umzusetzen, um motiviert zu bleiben. Besonders wichtig ist außerdem eine gute Kommunikation mit allen Beteiligten. Neben Einblicken in die Nachhaltigkeitsstrategie, das eigene Projektmanagement und den erstellten Nachhaltigkeits-Kompass, zeigte der Vortrag auch die erstellte Wesentlichkeitsmatrix. Anfangs gab es große Unsicherheiten hinsichtlich Green Washing und dem Spannungsfeld „Tagesgeschäft vs. Nachhaltigkeit als Zusatzbelastung“.
Anschließend stellte Denis Schander sein Unternehmen „HGO GmbH – The ReCommerce Company“ vor. Das Unternehmen beschäftigt sich, der Name verrät es schon, mit dem Thema Re-Commerce. Hierfür gab er Einblicke in das ausgeklügelte Logistiksystem, die Tätigkeitsbereiche und auch die Retourenbranche an sich.
Dr. Lukas Käßer, von der Firma Green Elephant Biotech, einem Spin-Off der Technischen Hochschule Mittelhessen, zeigte den Einfluss von Einweg-Laborplastik auf das Klima auf: Alleine Labormüll weltweit ist für eine Menge an CO2-Emission verantwortlich, die 4 Mal so hoch ist wie die der gesamten deutschen Abfallwirtschaft. Auch in der Biotechnologie werde in Laboren derzeit fast ausschließlich erdölbasierter Kunststoff für die Kultivierung von Zellen eingesetzt. Zum Glück hatte er auch eine Lösung im Gepäck: Die Kultivierungsflasche aus dem 3D-Drucker, hergestellt aus pflanzenbasiertem Biokunststoff. Durch diesen wird nach dem Gebrauch der Flaschen nur die Menge an CO2 frei, die zuvor in den Pflanzen, in diesem Fall Mais, gebunden war.
Gekommen um zu bleiben
Zum Abschluss des Abends gab Prof. Dr. Isabell Lenz, von der THM Business School, eine Einordnung des bereits Gehörten und zeigte die Trends rund um unternehmerische Nachhaltigkeit auf. Von frühen Pionieren wie Patagonia oder Teppich-Produzent Interface, gab sie einen Überblick der Entwicklung bis heute. Ihr Credo „Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben!“ untermauerte sie mit Beispielen aus der aktuellen EU-Regulatorik wie dem Lieferkettengesetz, der Green-Claims Richtlinie oder der Corporate Social Responsibility Directive. Diese neuen Regeln werden laut Prof. Lenz nicht nur direkt bei den betroffenen großen und mittleren Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit führen, sondern auch indirekt Lieferanten betreffen. Zum Ende ihres Impulses regte sie noch dazu an, Nachhaltigkeit auch über das bekannte Maß hinaus als Chance zu begreifen und zum Beispiel nicht nur den Einfluss von Unternehmen auf Umwelt und Mensch zu minimieren, sondern vielleicht sogar einen positiven und regenerativen Beitrag zu leisten: „Was wäre, wenn Mitarbeitende „frischer“ von der Arbeit kommen als sie morgens begonnen haben?“