02.02.2018 – Die Kaffee-Kooperative will den Vertrieb von Kaffee grundlegend verändern. Das deutsch-ruandische Unternehmen arbeitet mit einer Anbaukooperative in Ruanda zusammen. Dort gründeten die Bauern nicht nur einen Verbund zum Anbau von Kaffee, sondern auch eine Rösterei. Ungewöhnlich, denn in aller Regel wird das rohe Produkt importiert und erst hier in Europa veredelt. Warum arbeitet die Kaffee-Kooperative anders, und was sagt der Experte Johannes Epping von der Mannheimer Kaffeerösterei Agáta dazu?
Ein Kaffee mit Fairtrade-Siegel, der komplett im Herkunftsland produziert wird: Das ist das Produkt der Kaffee-Kooperative. Der Vertriebspartner in Deutschland macht vieles anders als seine Konkurrenten. „Normalerweise wird die rohe Kaffeebohne importiert – die komplette Veredelung findet im Importland selbst statt, weil die Geschmäcker da sehr verschieden sind“, berichtet Xaver Kitzinger, einer der Gründer der Kaffee-Kooperative.
„Während meiner Projektarbeit in Afrika lernte ich eine Anbaukooperative in Ruanda kennen. Dort beschlossen die Bauern in einem zweiten Schritt, eine Rösterei zu gründen. Und dann haben wir überlegt: Gibt es eigentlich objektive Gründe, den Kaffee nicht im eigenen Land zu rösten?“ Xaver Kitzinger und sein Co-Gründer Allan Mubiru beantworteten diese Frage mit einem „Nein“. Und arbeiteten in der Folge mit den Kaffeebauern zusammen, um eine Röstkurve zu bekommen, die dem deutschen Geschmack entspricht.
Fördert Arbeitsplätze und Augenhöhe: Die Ausbildung zum Kaffeeröster
„Mit unserer Arbeit haben wir die Eigeninitiative in Ruanda unterstützt. Nun sind wir Bindeglied und Vertriebspartner zum deutschen Markt. In Ruanda stehen wir in engem Austausch mit den Röstern und arbeiten gemeinsam an der Verbesserung“, erklärt Xaver Kitzinger die Arbeit der Kaffee-Kooperative. Die Vorteile für die ruandische Anbaukooperative, bereits gerösteten Kaffee zu verkaufen, sind enorm: Die Veredelung stellt einen großen Teil des Produktpreises dar. Zudem schwankt der Preis für den gerösteten Kaffee weit weniger. Das bedeutet, ein großer Teil der Wertschöpfung verbleibt im Land. Es entstehen Arbeits- und Ausbildungsplätze, es gibt mehr Preissicherheit für die Bauern, und die größere Transparenz fördert das Miteinander und die Augenhöhe.
„Das sind wichtige Punkte“, findet Johannes Epping von der Kaffeerösterei Agáta. „Wenn im Land selbst geröstet wird, verlagert man viel von der Wertschöpfungskette in dieses Land. Und die Transparenz spielt auch für uns und unsere Partner eine wichtige Rolle, denn sie fördert Preisverhandlungen auf Augenhöhe.“
Die Rösterei Agáta wurde im letzten Jahr nach jahrelanger Zusammenarbeit in einem Netzwerk gegründet und arbeitet zum Beispiel in Honduras mit Kooperativen. „Auch unsere Bauern rösten vor Ort, allerdings nicht für den Export.“ Die Ausbildung im Rösten schätzt Johannes Epping als extrem wichtig ein: „Die Qualität des angebauten Kaffees verbessert sich, wenn die Bauern wissen, wie das Produkt weiterverarbeitet wird. Die Röstung ist ja nur einer der verschiedenen Schritte bis zum fertigen Kaffee. Daher planen wir mit den Experten vor Ort und achten auf gute Ausbildung“.
Xaver Kitzinger sieht das ähnlich: „Es hat einen kulturellen Aspekt, nah am Produkt zu sein, das man herstellt. Die Anbaukooperative in Ruanda veranstaltet daher regelmäßig Verkostungen. Da probieren die Bauern dann ihren Kaffee. So wird der Bezug zwischen Verarbeitung und Endprodukt spürbar.“
Probleme: Status Quo im Kaffeehandel, Qualitätseinbußen durch Transport
Wenn ein solches Vorgehen so viele Vorteile hat, warum macht es dann nicht jeder so? Einen Grund sieht Xaver Kitzinger im Status Quo: „Viele größere Kaffeehändler haben keinen Anreiz, etwas zu verändern. Und die Herkunftsländer haben nicht die Stärke und die Position, Druck auszuüben.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für Johannes Epping die Qualität: „Für unsere Speciality-Kaffees ist eine Röstung vor Ort nicht sinnvoll. Denn die Qualität leidet unter dem oft Wochen dauernden Transport einfach zu sehr. Für einige unserer Kaffees haben wir bei Agáta zum Beispiel recht kurze Zeiten zwischen Herstellung und Verzehr – da müssen wir frisch rösten.“
Auch Xaver Kitzinger räumt Qualitätsverluste durch den Transport ein, hat allerdings auch eine andere Zielgruppe im Auge: „Wir sagen immer, wir liefern guten, täglichen Kaffee. Und das gelingt uns mit unserem Konzept auch wirklich prima“.
fairtrade-Zertifizierung – Die Finanzierung ist nicht immer einfach
Zwei Experten im Bereich Kaffeeröstung und Vertrieb, zwei ganz ähnliche Sichtweisen auf das Thema. Und wie stehen die beiden zum fairtrade-Siegel? „Wir freuen uns gerade darüber, dass unsere aktuelle Charge Kaffee mit dem Siegel ausgestattet ist“, sagt Xaver Kitzinger. „Denn eigentlich ist unser Kaffee schon lange fairtrade, aber die Zertifizierung des Unternehmens in Ruanda hat gedauert!“ Nun fordern benachbarte Kooperativen wie fairafric per Petition die Abschaffung der Kaffeesteuer auf fairtrade-Kaffee. Xaver Kitzinger unterstützt diese Initiative.
Johannes Epping dagegen sieht einiges im Bereich des fairtrade-Siegels kritisch: „Eigentlich sind wir große Fans von fairtrade und haben viele zertifizierte Kaffees. Unser Unternehmen ist aber bisher nicht zertifiziert, denn das ist ein sehr teurer Prozess, den ja auch kleine Unternehmen und Kooperativen durchlaufen müssen – was sie oft nicht können.“ Für ihn ist aktuell ein anderer Punkt entscheidend: Die Weiterbildung der Verbraucher. „In meinen Augen ist der nächste wichtige Schritt, die Konsumenten zu ermächtigen, ihre Anforderungen an das Produkt genau ausdrücken zu können.“
Jetzt im Crowdfunding: Ein Kaffee ganz aus Frauenhand
Xaver Kitzinger richtet seinen Blick dagegen weiter auf die Produzenten, und zwar aktuell auf die weiblichen. Eine Praktikantin ist derzeit in Ruanda und hat eine Crowdfunding-Kampagne vorbereitet. Denn in Ruanda soll der erste Kaffee rein aus Frauenhand entstehen. „Es ist oft so, dass die handwerkliche Arbeit im Kaffeeanbau von Frauen geleistet wird, die Erlöse aber an Männer gehen. In Ruanda gibt es eine starke Gleichberechtigungsbewegung. Eine Frauenkaffeeinitiative hat sich gegründet, die wir als Vertriebspartner unterstützen wollen. Mithilfe von Crowdfunding wollen wir die ersten Tonnen des Frauenkaffees vorfinanzieren, die Marke etablieren und die Ausbildung der Frauen fördern“, erklärt Xaver Kitzinger die Idee. Ein Kaffeekonzept, von dem wir sicherlich in Zukunft mehr hören werden.
Ich danke Johannes Epping von der Kaffeerösterei Agáta und Xaver Kitzinger von der Kaffee-Kooperative für das Gespräch. Dieser Beitrag wurde zuerst auf codecheck.info veröffentlicht. Bilder mit freundlicher Genehmigung der Kaffee-Kooperative.