Jeden Tag verlieren Menschen irgendwelche Gegenstände in der Öffentlichkeit. Die Wahrscheinlichkeit, diese wieder zu finden, ist in der Regel nicht besonders hoch. Klassische Fundbüros sollen zwar dabei helfen, meistens bleibt der Gegenstand aber dennoch unauffindbar. Das Zentrale Fundbüro ist die neue deutschlandweite Anlaufstelle für Verlorenes, Vergessenes und Gefundenes. Schon beim Launch hat das Portal auf über 700 unterschiedliche Fundportale zugegriffen und verzeichnete über 100.000 Verlustgüter. Unsere Redakteurin Natália Kassner führte ein Interview mit Markus Schaarschmidt, dem Geschäftsfüher des zentralen Fundbüros.
Herr Schaarschmidt, könnten Sie unsere Leser bitte kurz darüber informieren, was „das zentrale Fundbüro“ eigentlich ist?
Das Zentrale Fundbüro ist eine Online-Plattform, auf der kinderleicht nach Verlorenem oder Gestohlenem gesucht werden kann. Auf der anderen Seite können auch Fundsachen gemeldet werden. Wir bieten die Möglichkeit, Sucher und Finder schnell und einfach miteinander in Kontakt treten zu lassen – davon profitieren letztlich beide Seiten.
Warum bereichert ihr Konzept die Unternehmenswelt?
Unternehmen können mehrfach vom Zentralen Fundbüro profitieren. Zum einen wird mit der Nutzung unserer Plattform ein übersichtliches, einheitliches System geschaffen, das Mitarbeitern bei der Verwaltung und Kunden bei der Wiederbeschaffung von Fundsachen entgegenkommt. Das wiederum bedeutet einen erhöhten Kundenservice.
Die vereinfachte Handhabung mit Fundgütern bedeutet aber auch eine Zeitersparnis, die direkte wirtschaftliche Vorteile zur Konsequenz hat. So können Mitarbeiter effizienter arbeiten und sich intensiver mit dem eigentlichen Tagesgeschäft auseinandersetzen, anstatt ständig ungezielte Anfragen prüfen zu müssen und wachsende Lagerstätten zu verwalten.
Außerdem ist unser System nicht nur für jeden intuitiv nutzbar, sondern kann auch ganz einfach mit bereits bestehenden Systemen vernetzt werden. Die von Unternehmen gepflegten Fundsachen können mittels einer Schnittstelle in das Zentrale Fundbüro eingebunden werden, ohne bisherige Prozesse zur Fundsachenerfassung mit dieser Anpassung einzuschränken. Es bedarf somit keiner Schulung oder aufwändigen Softwareanpassung.
Wie erleichtert Ihr System das Leben Ihrer Kunden im Vergleich zu normalen Fundbüros?
Wir haben alle schonmal etwas verloren und wissen, wie das ist: Wie viele verschiedene Stellen müssen angerufen werden, wenn man etwas wiederfinden möchte? Nicht nur das, oftmals ist es schon ein kleineres Wunder, überhaupt mal jemanden zu erreichen. Wenn man dazu noch in verschiedenen Städten unterwegs war und nicht genau weiß, welches städtische Fundbüro zuständig ist, wird die Odyssee noch größer. Ganz davon abgesehen, dass die gewöhnlichen behördlichen Öffnungszeiten den meisten unter uns alles andere als entgegenkommen.
Leider sind Fundbüros in Deutschland bisher auch nicht miteinander vernetzt. Schlimmer noch, zahlreiche Städte – darunter auch größere wie etwa Frankfurt am Main – bieten den Bürgern gar keine Möglichkeit, online selbstständig zu suchen. Und die, die es doch tun, haben eine alles andere als nutzerfreundliche Oberfläche.
Mit dem Zentralen Fundbüro sieht das anders aus: Anstatt dutzende verschiedene Stationen abzuklappern, kann ein Suchender nun zentral und bequem eine einzige Sammelstelle abfragen – ein Umstand, der langfristig die Rückführungsquoten spürbar vorantreiben wird. Vor allem, wenn der Service weiter so rasant wächst und immer mehr eine flächendeckende Nutzung erfährt.
Gibt es einen nachhaltigen Gedanken?
Selbstverständlich. In unserer auf Konsum ausgelegten Wirtschaft mit massenproduzierten Billigimporten ist die Beschaffung neuer Güter oftmals günstiger, bzw. weniger zeitaufwändig, als der Versuch Verlorenes wiederzubeschaffen – zumindest bis jetzt.
Wie bereits erwähnt und der Name suggeriert, kann man beim Zentralen Fundbüro an einer einzelnen zentralen Sammelstelle bequem auch nach Kleinstgegenständen suchen – ein Umstand, der unserer Meinung nach langfristig die Rückführungsquoten spürbar vorantreiben wird und sich vielleicht auch positiv auf die “Restmüllbilanz” auswirken kann.
Ich meine, wer würde denn realistich gesehen Stunden damit verbringen, einen Regenschirm zu suchen oder ihn zum Fundbüro zu bringen? Wenn das aber ganz einfach mit wenigen Klicks gemacht werden kann, sieht die Sache schon anders aus. Daher kann ich mir gut vorstellen, dass unser Projekt einen nachhaltigen Beitrag leisten kann.
Übrigens: Auch gegen Hehlerware gehen wir aktiv vor. Und zwar mit unserer Seriennummern-Datenbank. Hier kann vor dem Kauf einer Ware geprüft werden, ob das Objekt schon als gestohlen gemeldet wurde. Etabliert sich ein solches Verhalten, kann dem Verkauf von Hehlerware aktiv entgegengewirkt werden.
Wie finanziert sich Ihr Unternehmen?
Das Zentrale Fundbüro ist bisher komplett eigenfinanziert. Das Team und ich, wir glauben an die Idee und investieren daher viel – nicht zuletzt unsere Zeit. Daher konnten wir auch ganz ohne Fremdkapital die Plattform aufziehen und schließlich im April unseren Launch feiern.
Aber das war nur ein Etappensieg. Unsere Ziele haben wir natürlich noch nicht alle erreicht. Doch für unsere ambitionierteren Vorhaben Bedarf es jetzt mehr als Motivation – es wird ein gewisses Budget benötigt. Das Gute ist, dass wir sofort an der Umsetzung verschiedener Zusatzmodule arbeiten können, sobald wir einen seriösen Investitionpartner gefunden haben. Dann legen wir mit unseren weiterführenden Plänen los, vom Service bis zum Marketing.
Warum haben Sie sich als Informatiker zu dem Schritt der Unternehmensgründung entschieden?
Viele Informatiker, die ich kenne, sind selbstständig und arbeiten unter anderem als freie Mitarbeiter für Unternehmen. Auch ich habe so angefangen. Was mich dann eventuell von anderen unterscheidet, ist das Verlangen, eigene Projekte verwirklicht zu sehen. Ich helfe Menschen gerne, doch langfristig wollte ich auch meine eigenen Ideen in die Realität umsetzen – und nicht nur die meiner Auftraggeber.
Was dürfen wir in Zukunft von Ihrem Unternehmen erwarten?
Wir arbeiten derzeit an mehreren neuen Punkten, die als Ganzes ein holistisches Netzwerk für den Bereich ‘Fundsachen’ zur Folge haben sollen. Da wäre die „Zentrale Fundbüro Manager App“, die die mobile Nutzung unseres Service noch einfacher machen wird. Oder eine Software, die sich je nach Branche, Betriebsgröße und internen Prozessen individualisieren lässt.
Außerdem werden wir viele neue und nützliche Features einführen. Schon bald werden wir den ‘Suchauftrag’ freischalten – dieser erlaubt es, eine Suchanfrage an unsere Datenbank zu stellen. Wird etwas gefunden, das der Beschreibung des verlorenen entspricht, werden Sie automatisch verständigt. So muss nicht manuell nach einem Gegenstand gesucht werden. Das spart Zeit und Stress.
Auch geographisch haben wir noch einiges vor. Unsere Plattform soll kein rein deutschsprachiger Dienst bleiben, sondern auch im Ausland verbreitet werden. Zur Zeit arbeiten wir schon an einer englischen Version der Seite, sodass wir den Internationalisierungsprozess vorantreiben können. Dann ist es auch egal, ob Sie Ihre Tasche, Ihren USB-Stick in New York oder Hösbach verloren haben – irgendwo ist vielleicht jemand, der Ihr Gut gefunden hat und es kostenlos beim bekanntesten und größten Online-Fundbüro einstellt. Das ist eine unserer Visionen – ein internationales Netzwerk zu erschaffen, bestehend aus Menschen, die sich gegenseitig nach einem Verlust unterstützen.