Heute möchten wir „Cape Times“ – Design aus Südafrika – vorstellen und haben dazu Vanessa von Klitzing befragt. Geführt wurde das Interview von Natália Kassner.
Vanessa, beschreibe doch bitte kurz das Konzept und die Idee von „Cape Times“
Cape Times – Interior Design from South Africa – startete vor 7 Jahren als Experiment, als Benjamin Rüggeberg mit seiner Frau von Kapstadt nach Berlin umzog. In Südafrika aufgewachsen, fehlte ihm in Berlin das typisch südafrikanische Wohngefühl aus alten Industriemöbeln und modernem Upcycling-Design und so brachte er kurzerhand genau die Dinge nach Berlin, nach denen er sich selbst sehnte. Aus dem Experiment ist eine sehr erfolgreiche Dauerlösung geworden: Mit unserem Signature-Produkt, den Bilderrahmen aus Altholz von der Luna Design Company aus Kapstadt, ist Cape Times mittlerweile europaweit erfolgreich als Großhändler tätig. Im Laufe der Jahre kamen ein Einzelhandelsgeschäft in Berlin-Buch dazu, im November 2013 der Onlineshop und gemeinsam mit Gabriela Lück und mir betreibt Benjamin Rüggeberg nun seit Mai 2014 den Cape Times Coffee Room in der Berliner Innenstadt.
Was bedeutet in diesem Zusammenhang das System „Upcycling“?
Südafrikanisches Design ist gefragt. Südafrika und insbesondere Kapstadt hat sich mittlerweile zur Designmetropole entwickelt. Nicht umsonst ist die “Mother City” zur World Design Capital 2014 gekürt worden. Das Besondere am modernen südafrikanischen Design ist nicht nur seine Originalität, sondern vor allem sein Hintergrund. Während zu Apartheid-Zeiten das Ausüben von traditionellen Handwerks-Künsten quasi unmöglich gemacht wurde, werden die alten Techniken heute wiederbelebt. Kaum ein Jungdesigner schafft dort neues Design, ohne ein soziales Projekt einzubeziehen. Das Bewusstsein um knappe Ressourcen und soziale Ungerechtigkeiten ist sehr hoch, junge Südafrikaner stellen sich der Realität ihres Landes und versuchen auf ihre Art, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Dabei werden oft alte, funktionale Materialien mit zeitgenössischem Design zu neuer Schönheit kombiniert und ein neues Verständnis von Upcycling geschaffen, denn längst sind Klischees wie die typischen Holzgiraffen oder Perlentierchen überwunden.
Gemeinsam haben alle unsere Produkte, dass sie in kleinen Manufakturen hergestellt werden und zu einem großen Teil Unikate sind. Sie stammen überwiegend von Künstlern und Designern, die auf verschiedene Art und Weise Verantwortung für die soziale Entwicklung in Südafrika und an anderen Orten der Welt übernehmen. Für uns zählt das Handwerk, die Zeit, die es braucht, um ein Produkt herzustellen, die Menschen, die das Stück fertigen, das Material, das eine Geschichte zu erzählen hat: Das ist für uns Slow Shopping – bewusstes Einkaufen von handwerklich hochwertigen Produkten, die sozial verantwortlich produziert sind und unseren Alltag dauerhaft bereichern.
Welche Produkte vertreibt ihr?
Wir vertreiben in erster Linie Wohnaccessoires aus Südafrika wie Keramik, Decken, Bilderrahmen, Kerzen, aber auch Stofftiere aus Kenia und Hamm-Tücher aus Tunesien. Einige Beispiele:
Luna Design Comapny: Mit Luna Designs fing bei uns alles an. 1996 starteten die Brüder Mark und Brian Fanner die Luna Design Company in Südafrika als soziales Projekt und liessen das überall herumliegende Altholz in und um Kapstadt herum einsammeln, um es weiterzuverarbeiten. Seitdem entwirft und produziert ihr Unternehmen handgefertigte Bilderrahmen aus Altholz. Mittlerweile hat Luna Design über 50 Mitarbeiter, die alle ein festes Gehalt und südafrikanische Sozialleistungen beziehen. Die Luna Design Company demonstriert mit jedem Bilderrahmen die ehrliche Handwerkskunst des Rahmenbauens aus Südafrika und damit die schönste Form von Upcycling, die wir kennen. Jeder Rahmen war mal Schiffsdeck, Fensterrahmen oder altes Möbelstück und jahrelang in Benutzung. Und jeder Rahmen ist ein Unikat.
Wonki Ware – Handgemachte Keramik von Di Marshall aus Südafrika: In ihrer Wonki Ware-Werkstatt in George an der Garden Route entstehen in Handarbeit Schüsseln, Teller, Schalen und vieles mehr, die wunderschön aussehen und sich toll anfassen. Wonki Ware ist dabei nicht nur ein kreatives, sondern auch soziales Unternehmen. 40 Menschen haben hier das Töpfern erlernt und Arbeit gefunden.
Kenana Knitters: Aus Kenia kommen diese wunderschönen Stofftiere aus 100% natürlicher Wolle, handgesponnen und -gestrickt. Gegründet von der Kenianerin Patricia Nightingale ist Kenana Knitters ein Projekt, in dem mittlerweile rund 500 Frauen auf einer Farm Arbeit gefunden haben und sich ihren Lebensunterhalt durch das Stricken verdienen können, während ihre Kinder betreut werden. Kenana Knitters ist davon überzeugt, dass Frauen der zentrale Angelpunkt ihrer Gemeinden sind und unterstützt sie mit angemessenen Löhnen und dem Lehren des Handwerkes nach dem Motto “Changing lives stitch by stich“.
Wie unterscheidet sich Cape Times von anderen vergleichbaren Unternehmen?
Cape Times liegt viel daran, keine typischen Touristen-Produkte anzubieten, sondern aufmerksam zu machen auf modernes südafrikanisches Design und Handwerk. Oftmals produzieren die jungen Designer nur in kleinen Stückzahlen oder fertigen Unikate, die im Vertrieb (beispielsweise Onlineshop) aufwändig sind. Wir nehmen diesen Mehraufwand gerne auf uns, denn wir glauben an die Einzigartigkeit unserer Produzenten und ihrer Produkte.
Wer ist das Team hinter „Cape Times“?
Benjamin Rüggeberg: Gründer von Capetimes und GF Cape Times Coffee Room
Gabriela Lück: GF Cape Times Coffee Room
Vanessa von Klitzing: GF Cape Times Coffee Room
Daniel Terhorst: Sales & Finance
Wie sieht die Zukunft von Cape Times aus?
Cape Times entwickelt sich ständig weiter. Wir möchten auch in Zukunft Designer aus Südafrika in Deutschland vorstellen. Darüber hinaus wollen wir das Konzept unseres Coffee Rooms – Kombination aus Einzelhandel und Café – in weitere Städte in Deutschland tragen. Das aktuellste Projekt bei Cape Times sind die „Good Ribbons“, wunderschöne Rips-Bänder aus Kapstadt. Eine kleine Auswahl gibt es jetzt schon im Cape Times Coffee Room in der Saarbrücker Straße 30 zu sehen.