Passend zu der uns bevorstehenden Weihnachtszeit stellte uns Jürgen Reschke, der Betreiber der Webseite www.spenden-ratgeber.de (Update: Du findest die Seite nun unter Fairhelfen, Stand 07.03.2020), die über zahlreiche Aspekte des deutschen Spendenwesens unabhängig informiert, einen Gastartikel zum Thema Spenden zur Verfügung. Er beschreibt einige interessante Tipps, wie jedes Unternehmen eine gelungene Spendenaktion durführen kann. Und nun viel Spaß beim lesen…
Wenn Weihnachten naht, tickt nicht nur der Kapitalismus in einem schnelleren Takt, sondern auch die deutschen Spendensammler nutzen ihre Chance: vom Weihnachtsmann mit Esel in der Fußgängerzone über spontane, mit Quittungsblock bewaffnete Haustürbesucher – bis hin zum Unternehmer, der zum Advent sein soziales Gewissen entdeckt. Dieses „Entdecken“ ist durchaus wertfrei gemeint. Für manche Unternehmen sind Spenden Teil ihrer PR-Strategie, für andere ist das Engagement humanistisch oder politisch motiviert. Alle Ansätze sind legitim, bergen neben Chancen aber auch Risiken.
Die Herzen werden weit? Viele Gründe für Spenden
Die meisten deutschen Spendenorganisationen verzeichnen vor allem im Monat Dezember signifikant höhere Spendeneinnahmen. Warum ist das so? Bislang sind die Gründe und Motivationen, die zu dem weihnachtlichen Spendenboom führen, nur unzureichend untersucht. Es bleibt also Raum für Spekulationen. Vermutlich gibt es verschiedene Spendertypen, zum Beispiel den traditionellen Spender, für den die milde Gabe eine Art schönes Ritual ist, den christlich motivierten Spender oder den taktischen Spender, der zum Jahreswechsel an seine nächste Steuererklärung denkt.
Instinktiv oder aus eigener Erfahrung weiß also jeder Bürger, dass auch Spenden sammelnde Unternehmen eine ganz eigene Motivation für ihr Engagement haben. Hinzu kommt allerdings eine erhebliche Portion öffentlicher Skepsis, ein potenzieller Generalverdacht, Spendengelder könnten fehlgeleitet, verschwendet oder – besonders schlimm – für kommerzielle Individualinteressen missbraucht werden. Hier verdichten sich „Spendenskandale“ der Vergangenheit, kritische Medienberichte und eine negative Selbstwahrnehmung zu einem kollektiven Bauchgefühl, das es Unternehmen gar nicht leicht macht, Gutes zu tun.
Wer als Unternehmer (auch als Social Entrepeneur) den öffentlichen Argwohn erregt, mit einer Spendenaktion für sich selbst werben und die Geschäfte ankurbeln zu wollen, erlebt schnell einen PR-Super-Gau. Anders herum: Eine Spendenaktion muss immer vollständig altruistisch sein (oder wenigstens so wirken).
Tipps für Spendenaktionen von Unternehmen
Transparenz ist alles. Viele spendenwillige Bürger sind verunsichert und fühlen sich durch den äußerst vielfältigen Spendenmarkt (einen Überblick gibt es hier) überfordert. Um keinen Fehler zu machen, geben sie ihr Geld oft den großen, bekannten Hilfsorganisationen. Diese Ängste lassen sich nur durch Offenheit und Überzeugungskraft abbauen. Die meisten Spender wollen wissen, für welchen konkreten Zweck die Gelder eingesetzt werden sollen. Diese Informationen sollten konkret nachzulesen sein – zum Beispiel auf einem Faltblatt oder auf der Firmenhomepage.
Sympathisches Projekt wählen. Wer die Herzen und Geldbeutel maximal öffnen will, braucht ein „Projekt“ bzw. ein Spendenzweck, mit dem sich viele Menschen identifizieren können. Erfahrungsgemäß wecken Hilfsaktionen für Kinder eine besonders hohe Spendenbereitschaft.
Die strategische Alternative. Etwas weniger Erfolgschancen haben – traurig aber wahr – solche Spendenaktionen, die sich den so genannten Randgruppen unserer Gesellschaft widmen. Geht es beispielsweise um HIV-Infizierte oder Behinderte, sitzt vielen Menschen der Spendeneuro nicht ganz so locker. Professionelle Spendenorganisationen setzen für diese schwierigen Zielgruppen besonders hohe Werbe- und Verwaltungskosten an, die bis zu einem Drittel der Spendeneinnahmen betragen können. Für einen sozial engagierten Unternehmer kann diese Tatsache ein guter Anlass sein, gerade diese unterprivilegierten Gruppen zu unterstützen.
Starke Partner finden. Um Spendensammlungen zu erleichtern, hat der deutsche Gesetzgeber praktisch alle rechtlichen Hürden aus dem Weg geräumt. In den meisten Bundesländern wurden die „Sammlungsgesetze“ abgeschafft, sodass Spenden grundsätzlich zu jedem legalen Zwecke von Jedermann gesammelt werden dürfen. Dennoch können sich in der Praxis organisatorische Aufgaben und rechtliche Fragen stellen, die sich mit einem geeigneten Partner aus dem Weg räumen lassen. Hier bietet es sich an, mit einer erfahrenen Spendenorganisation zusammenzuarbeiten. Diese Organisation kann auch bei der Auswahl eines Spendenzweckes helfen.
Think local. Ein lokales Spendenengagement hat einige Vorteile. Viele Spender finden es befriedigend, gut nachvollziehbar und überprüfbar, wenn die Spendengelder in der Nähe ihres Heimatortes verbleiben. Beliebte Spendenempfänger sind unter anderem Kinderheime, Altenhilfe, Hospize, Krebsstationen von Krankenhäusern und Ähnliches. Besonders plausibel ist diese lokale Orientierung, wenn das sozial handelnde Unternehmen ebenfalls an diesem Ort fest verwurzelt ist.
Pressearbeit und Werbung. Sofern eine sympathische, altruistische, Erfolg versprechende Spendenaktion gefunden ist, kann die Werbetrommel gerührt werden. Je nach Umfang der Aktion lassen sich potenzielle Partner vor Ort ansprechen (Sparkasse, Vereine, öffentliche Einrichtungen). Internetportale wie Helpedia.de eröffnen die Chance, zusätzlich online Spenden zu sammeln. Auch eine Pressearbeit kann sinnvoll sein. Ein kritischer Punkt bei der Pressearbeit ist, die eigene Relevanz realistisch einzuschätzen. So ist es absolut ehrenwert, 500 Euro für ein Kinderheim zu sammeln – eine Großstadtzeitung wird sich aber kaum deswegen zu einem Pressegespräch bemühen.