Durch ihre innovative Methode der Hundefutterproduktion und platzsparende Verpackung spart das Startup Wynn Petfood durchschnittlich 51% CO2-Emissionen ein. Wir haben die beiden Gründer*innen interviewt.
Der Hund – ein Klimakiller?
Eine Tatsache, die viele Hundefreund*innen wohl sehr ungern hören werden ist, dass Hunde eine sehr schlechte Ökobilanz haben. Ein mittelgroßer Hund produziert in seinem Leben im Durchschnitt eine Tonne Kot, 2.000 Liter Urin und 8,2 Tonnen CO2-Äquivalente – das entspricht den Treibhausgasen einer Autofahrt von 72.800 km. Dabei verursacht Hundefutter die größten Umweltbelastungen, 90% laut einer aktuellen Studie.[1] Aufgrund des hohen Fleischanteils in der Ernährung trägt die Hundefutterproduktion erheblich zum Klimawandel bei. Dabei lebten 2021 rund 10,3 Millionen Hunde in Deutschland, Tendenz steigend.[2]
Die meisten Halter*innen wollen ihre Hunde nicht nur gesund und ausgewogen ernähren, sondern legen auch vermehrt Wert auf Nachhaltigkeit. Gefüttert wird in den meisten Fällen mit Fertigfutter.[3] Ob das mit Nass- oder Trockenfutter passiert, ist in erster Linie natürlich eine Entscheidung von Vorliebe und Verträglichkeit. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten schneidet dabei Trockenfutter etwas besser ab, da es meist in großen (Plastik-)Tüten verpackt ist. Nassfutter hingegen wird oft in einzelnen, kleinen Dosen verkauft. Zudem enthält Nassfutter einen sehr hohen Wasseranteil, im Durchschnitt um die 70%. Deshalb muss davon meist eine viel größere Menge gefüttert werden, damit der Nährstoffbedarf des Tieres gedeckt ist.
Nachhaltiges Hundefutter mit Wynn Petfood
Henrike Ludowig und Ruben Schmierer haben sich zum Ziel gesetzt, Tierfutter nachhaltiger zu machen. Bereits während des Masterstudiums an der Universität St. Gallen haben sie überlegt, auf welche Weise das möglich ist. Nach Beenden ihres Studiums entschieden die beiden dann ihr Glück zu wagen und ihre Businessidee in die Tat umzusetzen. Anfang September war dann der Launch ihres Startups Wynn Petfood. Finanziert ist bisher alles vom eigenen Ersparten und Familie sowie Freund*innen.
Henrike und Ruben, wie kamt ihr auf die Idee? „Für unsere eigene Ernährung sind wir mittlerweile so sensibilisiert in Sachen Nachhaltigkeit. Unsere Generation achtet viel mehr auf bewussten Fleischkonsum sowie Regionalität und vermeidet Verpackungsmüll. Wenn es dann um die Ernährung der Vierbeiner geht, steckt man etwas in einem Dilemma“, so Ruben und Henrike. „Viele Anbieter*innen werben immer noch mit einem besonders hohen Fleischgehalt und bei der Fütterung mit Nassfutter wird der gelbe Sack schnell voll. Allein in Deutschland fallen für Hund und Katz täglich schätzungsweise 10 Millionen Dosen oder Verpackungsequivalente aus Plastik an. Wir sind seit unserer Kindheit mit Hunden aufgewachsen und so war für uns dieses Problem im Alltag sehr präsent.„
Und wie funktioniert nachhaltiges Hundefutter?
Bei der Nachhaltigkeit des Futters kommt es insbesondere auf die Herstellung, Zutaten, Verpackung und den Versand an. Im Hinblick auf die Verpackung ist ein wichtiger Faktor die Recyclingfähigkeit des Materials. Nassfutter wird oft in Konservendosen oder Aluminium verpackt. Beispielsweise bestehen die kleinen Nassfutterschälchen aus dem umweltbelastenden Aluminium. Weißblecht ist hingegen zwar gut recyclebar, die Herstellung und auch der Recyclingprozess benötigen jedoch sehr viel Energie, weshalb das Umweltbundesamt die Ökobilanz als eher ungünstig einschätzt. Eine Alternative ist Papier – das funktioniert aber natürlich nicht bei Nassfutter. Aber was, wenn man das Wasser einfach weglässt? Dann könnte es einfach Trockenfutter sein. Aber es gibt genügend Beispiele in der Lebensmittelindustrie, bei denen getrocknete Lebensmittel schnell und einfach Zuhause mit ein bisschen Wasser angerührt werden, um das fertige Gericht zu erhalten. Warum nicht einfach auch für Hunde machen? Auf diese Weise wird die Verpackung kleiner, was beim Transport wiederum Platz und Gewicht einspart – und damit auch Sprit. Zwei Fliegen mit einer Klappe quasi.
Henrike und Ruben sagen über ihren Prozess folgendes: „In der Entwicklung der Rezepturen standen wir vor der Herausforderung, einen hochwertigen Futtermix zu schaffen, der in Papier verpackt werden kann und der angerührt mit Wasser ein vollwertiges und möglichst naturnahes Futter ergibt. Bei unserer Verpackung nutzen wir ein innovatives Barrierepapier, welches das Futter bestmöglich schützt und im Altpapierkreislauf recycelt werden kann.“
Und wo produziert ihr? „Wynn wird in einem Familienbetrieb in vierter Generation nur 70 Kilometer von unserem Standort in Hannover produziert, und das in echter Handarbeit. In diesem Betrieb ist es selbstverständlich, dass die Rohstoffe möglichst regional, teils sogar aus den Nachbarorten bezogen werden. Auch unser Fleisch kommt aus Norddeutschland. In der Produktion wird auf Solarenergie gesetzt.“, sagen die beiden.
Wynn Petfood – so geht’s
Angeliefert wird das Nassfutter von Wynn Petfood in einer schmalen Papiertüte. Bisher gibt es zwei Sorten: Huhn und Rind. Weitere Sorten, z.B. mit Insektenprotein sind bereits in der Pipeline. Bei Wynn werden verschiedenen Kohlenhydratquellen (Reis oder Kartoffel) sowie Gemüse, Obst und regionale Superfoods miteinander kombiniert. „Für uns war es von Anfang an wichtig, eine möglichst nachhaltige und transparente Futteralternative zu schaffen. Bei Wynn kann man die einzelnen Zutaten bis in den Napf erkennen – Schummeln ist also schwer“, so die Gründer*innen. „Zudem haben wir den sonst üblichen Fleischgehalt sinnvoll reduziert und ergänzen unsere Futtersorten mit hochwertigen vegetarischen Proteinquellen.“
Die Zubereitung funktioniert wie bei einer Instant-Suppenterrine: Beutel aufreißen und in den Napf geben, Wasser warm machen, in den Napf geben, umrühren, warten – und schmecken lassen. Mit der Ausnahme, dass man es sich nicht selbst schmecken lässt, sondern eben der Hund oder die Hündin. Durch diese Zubereitung und Verpackung produziert das Futter durchschnittlich 51% weniger CO2e als vergleichbares Nassfutter. Ausgerechnet hat das die unabhängige Nachhaltigkeitsberatung Climate3.
Go-Live Anfang September
Seit Anfang September ist Wynn nun online erhältlich. Der Patentantrag für das innovative Verfahren ist auch schon eingereicht. Doch den beiden Gründer*innen wird nicht langweilig. Neben neuen Sorten wird bereits an innovativen Snacks getüftelt, um ihrer Mission gerecht zu werden, das nachhaltigste Tierfutterunternehmen der Welt zu werden.
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[1] Yavor, K.M.; Lehmann, A.; Finkbeiner, M. Environmental Impacts of a Pet Dog: An LCA Case Study. Sustainability 2020, 12, 3394. https://doi.org/10.3390/su12083394
[2] Industrieverband Heimtierbedarf e.V., https://www.ivh-online.de/der-verband/daten-fakten/anzahl-der-heimtiere-in-deutschland.html
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1114193/umfrage/hundefutterpraeferenzen-in-deutschland/