„Nationale Alleingänge bringen beim Klimaschutz nix“, betont Florian Henle, Mitgründer und Geschäftsführer des Ökoenergieversorgers Polarstern. Deshalb unterstützt Polarstern seit seiner Gründung mit jedem Kunden und jeder verbrauchten Kilowattstunde pro Jahr die Energiewende in Deutschland und in Entwicklungsländern. „Angesichts des weltweit steigenden Energiebedarfs, der auch die Entwicklungs- und Schwellenländer erfasst, ist es heute einmal wichtiger, dass alle an einem Strang ziehen und die Industrieländer mit ihrem Wissen und Erfahrung helfen, die richtigen Weichen zu stellen.“ Dabei spiele die dezentrale Energieversorgung eine entscheidende Rolle.
„Die Investitionen müssen nachhaltig und planbar sein“
Wichtig beim Aufbau dezentraler Infrastrukturen sei, dass die Unterstützung nachhaltig angelegt ist. Für Polarstern heißt das, dass die weltweiten Investitionen in die Energiewende ein fester Bestandteil jedes Polarstern-Angebots sind. „Das macht die Einnahmen für unsere Partner zuverlässig, die so langfristig planen und handeln können.“ Die nötige Infrastruktur aufzubauen und das Vertrauen zu gewinnen, funktioniere schließlich nicht von heute auf morgen. Bisher unterstützte Polarstern seit seiner Gründung im Jahr 2011 Familien in Kambodscha beim Bau von Mikro-Biogasanlagen. „Inzwischen haben wir in Kambodscha ein Limit an Anlagen erreicht, die wir mit unseren Partnern vor Ort jährlich bauen können. Deshalb haben wir weitere, spannende Biogasprojekte gesucht und wurden in Mali fündig.“ Dort befähigt das deutsche Sozialunternehmen Africa GreenTec Dorfbewohner, beim Aufbau einer Biogas- Infrastruktur, unterstützt von Polarstern. Konkret werden benötigte Materialien und Anlagen sowie Beratung bei Installation und Umsetzung angeboten, mit denen ein lokaler Biogashandel aufgebaut wird. Das Konzept von mobilem Biogas sowie die dazugehörige mobile Biogastechnik wurden von (B)energy entwickelt, ein ebenfalls 2014 gegründetes deutsches Sozialunternehmen.
Deshalb setzt Polarstern auf Biogasanlagen in Entwicklungsländern
Biogasanlagen werden mit Tierdung, menschlichen Fäkalien und organischen Küchenabfällen betrieben. „Es braucht ein wenig Dung von Kühen oder Rindern zum Start der Biogaserzeugung, aber das macht nur die Hälfte der ersten Füllung aus. Haben sich die darin enthaltenen Biogasbakterien erst einmal vermehrt, kann die Anlage mit allem was organisch ist betrieben werden“, berichtet Katrin Pütz, Gründerin von (B)energy. „Gerade diese Vielfalt der eingesetzten Substrate macht Biogasanlagen zur idealen Technik für verschiedene Entwicklungsländer dieser Welt.“ Die klimatischen Verhältnisse, sprich die tagsüber und nachts hohen Temperaturen unterstützen die Biogaserzeugung einmal mehr. Außerdem überzeugen Biogasanlagen mit ihrer einfachen Bauweise und Technik. Das ermöglicht den Einsatz lokaler Materialien, senkt die Anlagenkosten und erleichtert die Wartung. Während in Kambodscha viele Familien ausreichend Tiere zur Biogaserzeugung halten, ist die Situation in Mali eine andere. Die Bevölkerung ist ärmer und viele besitzen kein Vieh. „Während wir in Kambodscha einzelne Familien beim Bau einer Mikro-Biogasanlage unterstützen, bauen wir in Mali eine Art Biogashandel auf“, erklärt Florian Henle. Familien mit ausreichend Tieren – mindestens 10 Rindern – werden zu Besitzern und Betreibern von Biogasanlagen, mit denen sie ausreichend Biogas für sich und zwei weitere Familien erzeugen.
So funktioniert der Biogashandel in Mali
Das lokal erzeugte Biogas wird in Biogasrucksäcke mit einem Fassungsvermögen von 1.000 Liter gefüllt. Sie wiegen befüllt rund 3,5 Kilogramm und die darin enthaltene Gasmenge reicht für bis zu vier Stunden Kochen. Leere Rucksäcke werden an der Biogasanlage neu befüllt. Zusätzlich bekommen die Familien Zugang zu einem einfachen, aber sehr effizienten Biogaskocher. Abhängig von der produzierten Gasmenge und dem erzielten Gaspreis, der regional sehr unterschiedlich sein kann, rechnet sich die Investition in die Anlage über den Verkauf des Biogases nach etwa 3 bis 4 Jahren. Genauso lohnt sich der Kauf des Biogases für die zwei Familien, die neben dem Anlagenbetreiber das erzeugte Biogas nutzen: „So ein Rucksack voller Gas ist im Schnitt bis zu 30 Prozent günstiger als bisher verwendetes Brennholz und Holzkohle. Auch werden beim Kochen keine gesundheitsgefährdenden Schadstoffe mehr ausgestoßen“, berichtet Torsten Schreiber, Geschäftsführer von Africa GreenTec. Pro Jahr spare eine Biogasanlage mehrere Tonnen CO2 und bewahre das ohnehin stark gerodete Mali vor weiterer Abholzung und Verwüstung. Katrin Pütz hat vor rund acht Jahren das Konzept des Gasverkaufs und der zugehörigen Technik der Biogasrucksäcke und Biogasanlagen entwickelt. Sie betont die Bedeutung des Systems auch gerade für die lokale Wirtschaft. Schließlich mache die Technik die Betreiber der Biogasanlagen zu Unternehmern mit eigenen Kunden und setze bei den Kunden wiederum Arbeitskraft frei, die sonst für das Sammeln von Brennholz aufgewendet werde. Auch senke es ihre Energieausgaben. Dass die Biogasanlagen zu vernünftigen Preisen per Darlehen verkauft und nicht geschenkt werden, ist Florian Henle von Polarstern sehr wichtig. „Unser Ziel ist es, einen Beitrag zur Stärkung der lokalen Wirtschaft zu leisten und die Familien zu befähigen, sich selbst zu helfen. Wir bieten den Familien damit die Basis, aus eigener Kraft wachsen zu können. Wir wollen vor Ort Möglichkeiten schaffen und uns dann überflüssig machen.“