Das Münchner Startup GuudCard nutzt Corporate Benefits, um nachhaltige Konsumentscheidungen zur Normalität werden zu lassen.
Welche nachhaltige Wirkung hätten Unternehmen, wenn all ihre Arbeitnehmer:innen 44 Euro im Monat für ökologische und faire Produkte ausgeben würden? Diese Vision verfolgen Alina Friedrichs, Susanna Mur und Thomas Kisler mit GuudCard: Sie wollen nachhaltige Konsumentscheidungen von Arbeitgeber:innen fördern und damit zur Normalität werden lassen.
Immer mehr Menschen kaufen ethisch und ökologisch wertvolle Produkte – für den Planeten und das Wohl der Menschen entlang der Lieferkette. In der Praxis gestaltet sich dies jedoch häufig schwierig – zum einen, weil große Unsicherheit darüber herrscht, was wirklich nachhaltig ist. Zum anderen hält ein höheres Preisniveau bei fair und ökologisch nachhaltig gehandelten Waren häufig von einer tatsächlichen Änderung des Konsumverhaltens ab.
Gleichzeitig suchen immer mehr Arbeitnehmer:innen einen Job mit Sinn und “Purpose”: Sie wählen Unternehmen, die gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Nachhaltigkeitsbewusstsein hat dabei insbesondere für Talente der jungen, sogenannten Generation Z eine hohe Relevanz. Daher ist Nachhaltigkeit zunehmend ein wichtiger Faktor für attraktives Employer Branding von Unternehmen. Zusätzlich kann über nachhaltiges Personalmanagement auch ein bedeutender Beitrag zur Erreichung von unternehmensweiten Nachhaltigkeitszielen geleistet werden. Obwohl es in vielen Unternehmen bereits Pläne für eine nachhaltige Entwicklung gibt, wird das Personalmanagement noch zu häufig als wirkungsvoller Startpunkt übersehen. Begriffe wie Green HR Management etablieren sich gerade erst in der Personalwelt. Arbeitgeber:innen und Personaler:innen, die sich innerhalb wie außerhalb der Unternehmensgrenzen für einen geteilten Wert engagieren, wirken nicht nur attraktiv auf Talente, sondern steigern auch die Bindung ihrer Belegschaft.[1]
GuudCard – Ein Unternehmen zwischen Personal und Purpose
Wie lassen sich Nachhaltigkeit und Employer Branding sinnvoll verbinden? Das fragten sich 3 Gründer:innen aus München, die selbst von den Anreizsystemen, die sie bisher in Unternehmen gesehen hatten, ziemlich angeödet waren. „Sachbezugskarten sind für Arbeitnehmer:innen an sich eine super Sache“, erkannte Gründerin Alina Friedrichs. Schließlich bekommen sie damit einen finanziellen Bonus, der nicht versteuert werden muss. Aber mit so einer „Konsumkarte“ setzen Unternehmen automatisch auch Anreize für Mitarbeitende, ihr Geld in den entsprechenden Läden auszugeben. „Wir haben uns die Frage gestellt: Was wäre, wenn jede:r Arbeitnehmer:in in Deutschland 50 Euro pro Monat im nachhaltigen Einzelhandel ausgeben würde – und das Ganze finanziert von Arbeitgeber:innen?“, erklärt Susanna Mur.
Im Klartext heißt das: weg von der klassischen Tankkarte, die klimaschädliches Verhalten fördert, hin zu einer Shopping-Karte mit positivem Effekt auf Städte und Umwelt. „Damit wollen wir nachhaltigen Konsum leichter und erschwinglicher machen und Unternehmen eine einfache Möglichkeit geben, mit ihren Mitarbeitenden gemeinsam positiven Impact zu bewirken.“
Mit nachhaltigen Sachbezügen die Zukunft verbessern
Mit der “grünen” GuudCard können Mitarbeitende nachhaltige Waren und Dienstleistungen somit steuerlich begünstigt kaufen – wahlweise online oder offline. Eine interaktive Map hilft den Karteninhaber:innen dabei, verantwortungsvoll wirtschaftende Läden in ihrer Stadt zu entdecken. Dabei können sie aus einer Vielzahl von Kategorien, wie Lebensmittel, Kleidung, Kosmetik, Freizeit und vielen mehr wählen. In Kooperation mit der Genossenschaft Future Cooperative arbeitet das GuudCard-Team kontinuierlich an der Erweiterung der Karte. Mehrere hundert Orte in München, Frankfurt, Hamburg, Berlin und weiteren deutschen Städten sind bereits verzeichnet. Wer dort mit GuudCard einkauft, fördert das Fortbestehen und den Bekanntheitsgrad der Umwelt- und Sozialhelden.
Nachhaltigkeit als holistisches Konzept
Aber was genau ist in diesem Kontext eigentlich nachhaltig? Nach einer offiziellen und allgemein gültigen Definition für Nachhaltigkeit kann man lange suchen. Daher nutzt das GuudCard-Team gemeinsam mit der Future Cooperative einen genossenschaftlich und partizipativ entwickelten Kriterienkatalog für überzeugende Nachhaltigkeit von Unternehmen. Dieser basiert auf den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen und versteht Nachhaltigkeit als holistisches Konzept. Vor der Integration in die Map werden vorgeschlagene Läden auf ihren ökologischen und sozialen Impact geprüft, genauso wie auf ihre Unternehmensstruktur. Dabei setzt GuudCard auf Transparenz in allen Bereichen und wirkt durch den engen Austausch mit der Future Cooperative der Möglichkeit des Greenwashings entgegen.
So werden potentielle Anlaufstellen für die gemeinsame Map von mindestens zwei Personen gegengeprüft. Der Bio-Supermarkt Alnatura verfolgt beispielsweise ein holistisches Nachhaltigkeitskonzept und bietet damit in seinem Sektor eine erheblich umwelt- und klimafreundliche Alternative. Das Unternehmen verkauft ausschließlich ökologisch angebaute Lebensmittel und geht zudem besonders fair mit Produzent:innen und Lieferant:innen um. Durch die Überführung in eine Stiftung besteht keine Gefahr, dass externe Investoren die Unternehmensphilosophie beeinflussen. Daher qualifiziert sich Alnatura als nachhaltige Einkaufsmöglichkeit und hat einen Platz auf der Map verdient. “Neben den großen Playern ist es uns aber besonders wichtig, dass die kleinen, lokal verankerten Orte durch GuudCard und unsere Map mehr Sichtbarkeit und dadurch mehr Zulauf bekommen.”, sagt Mitgründer Thomas Kisler. “Die Vision von GuudCard sind lebenswerte und bunte Städte und dafür braucht es ein vielseitiges Angebot mit engagierten Unternehmer:innen im Hintergrund.”
Wertschätzende Kunden
Im August 2021 ist das Team mit der GuudCard gestartet. Seitdem nutzen bereits mehrere Kunden in ganz Deutschland die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden positiven Impact für die Umwelt zu fördern. Der Münchner Coworking Space Impact Hub zeigte sich begeistert von der Möglichkeit eines nachhaltigen Corporate Benefits – und führte das neue Angebot der GuudCard sofort für das gesamte Team ein. “Als Impact Hub München stehen wir für Kollaboration und enkeltaugliches Wirtschaften”, sagt Johanna Rapp, Geschäftsführerin des Impact Hub München. “Wir suchen schon lange nach einer Corporate Benefit Lösung, die zu uns und unseren Werten passt. Wir freuen uns von Anfang an dabei zu sein und das Vorhaben Guud Card – ein zukunftsweisendes Startup aus unserer Community – mit anzuschieben!“.
Ziel für die nächsten Monate ist es, die GuudCard in so viele Unternehmen wie möglich zu bringen. “So können wir gemeinsam nachhaltigen Konsum einfacher und erschwinglicher machen und den nachhaltigen Handel stärken!”, erklärt Susanna Mur.
[1] IUBH Internationale Hochschule, 2.002 Befragte zw. 18-65 Jahren, Statista 2020
Über die Autorin
Tina Teucher ist Mitglied im Gesamtvorstand von B.A.U.M. e.V. – Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften. Sie berät Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien. Als Rednerin, Moderatorin und Autorin zu den Themen Zukunftskompetenz und Nachhaltigkeit macht sie Lust auf die guten Lösungen, die es heute schon für ein lebenswertes Morgen gibt. Tina Teucher ist Mitgründerin der Future Cooperative, der Genossenschaft für nachhaltigen Lebensstil, in der sie sich ehrenamtlich als Aufsichtsratsvorsitzende engagiert.