place2help Rhein-Main bringt innovative Projekte mit finanziellen Förderern aus der Region zusammen. Auf der Plattform werden Projekte verschiedener Crowdfunding-Plattformen gebündelt und in der Region sichtbar gemacht. Im Rahmen der Interview-Reihe „place2help Rhein-Main– Crowdfundingprojekte aus der Region stellen sich vor“ stellen sich die Projektinhaber unseren Fragen. Dieses mal: Großstadthühner.
Worum geht es in Eurem Projekt „Großstadthühner“?
Wir träumen von 200 glücklichen Hennen, die mit Blick auf die Frankfurter Skyline auf den Äckern in Frankfurt-Oberrad leben. Sie haben viel Platz zum Gackern, Scharren und Flattern, es gibt bestes Bio-Futter und regelmäßig frisches Gras. Und: sie legen die leckersten Eier. Denn darum geht es im Grunde. Wir möchten ein Hühner-Mobil kaufen, um nach biologischen Standards, für den Verbraucher transparent und mit Blick auf das Wohl der Tier, artgerecht Eier zu produzieren. Außerdem werden die Hühner in die Fruchtfolge eingebaut. Das bedeutet, dass auf den Äckern jedes Jahr etwas anderes wächst, sodass der Boden weniger ausgezehrt wird und sich weniger Schädlinge einnisten können. Mit einer guten Fruchtfolge, einem „Ruhejahr“ und der richtigen biologischen Düngung kann der Boden sogar aufgebaut werden und dadurch wieder fruchtbarer werden. Dabei sollen die Hühner aktiv mitwirken, den Boden durch Scharren und Picken bearbeiten und ihn düngen.
Wie weit seid Ihr in der Umsetzung?
Im Moment ist das alles nur ein Plan, aber wir arbeiten unermüdlich daran, ihn Realität werden zu lassen. Wir haben das OK der Stadt Frankfurt auf unseren Flächen ein mobiles Hühner-Hotel aufzustellen, wir haben die Fruchtfolge mit Hühnern, Gemüse und Brachflächen geplant und wir haben mit unseren Mitgliedern und Mitgliederinnen von „Die Kooperative“ einen festen, zuverlässigen Abnehmer-Kreis für Bio-Hühner-Mobil-Eier. Alles, was uns noch fehlt, ist die finanzielle Unterstützung. Wir brauchen insgesamt 40.000€, um den Traum eines urbanen Hühner-Paradieses auf der Weide wahr werden zu lassen. Für jeden einzelnen ist das nur ein kleiner Schritt, aber für uns ist es ein gewaltiger. Gemeinsam können wir etwas bewegen. Das haben wir bei der Gründung unserer Genossenschaft „Die Kooperative“ dieses Jahr gelernt und das gibt uns das Vertrauen, es auch ein zweites Mal zu schaffen.
Was treibt Euch an?
Unser Ziel ist es, mit „Die Kooperative“ die Ernährung und die Lebensmittelproduktion in der Region in und um Frankfurt wieder in die eigenen Hände zu nehmen, selbst zu bestimmen wo und wie produziert wird und Lebensmittel wieder direkt von den lokalen Produzentinnen und Produzenten zu beziehen. Damit sind wir als Konsumenten nicht mehr abhängig von Zwischenhändlern und dem Weltmarkt und die lokalen Erzeuger verkaufen ihre Produkte nicht mehr an einen anonymen Massenmarkt, sondern zu fairen Preisen an Menschen, deren Gesichter und Geschichten sie kennen lernen können. Das macht Freude und gibt ein gutes Gefühl, etwas für sich, die Community und die Region zu tun. Die Genossenschaftsgründung in diesem Sommer war der erste große Schritt und seit einigen Monaten bekommen unsere Mitglieder bereits Ernteanteile aus Gemüse, Obst, Eiern, Brot und Apfelsaft, ein Großteil davon den Kooperative-Partnern und einen kleinen Teil aus eigenem Anbau in Oberrad. Im nächsten Schritt wollen wir den Anteil der Eigenproduktion erhöhen – für Gemüse ist das kein Problem, aber um artgerecht im urbanen Umfeld Eier zu produzieren fehlt uns halt noch das gewisse Etwas – das Hühner-Mobil.
Warum habt Ihr Euch für Crowdfunding entschieden?
Die Kooperative ist ein Projekt für die und in Zusammenarbeit mit der Community in Frankfurt. Sie spricht bewusst alle Menschen an, die sich eine regionale, saisonale, ökologisch produzierte Ernährung wünschen. Alle, die Kleinbauern statt den Großhandel unterstützen wollen. Alle, die wieder einen Bezug zur Produktion ihrer Nahrungsmittel haben möchten. Für uns sind Transparenz, Unabhängigkeit und der Gemeinschaftssinn ganz besonders wichtig. Deswegen möchten wir auch das Projekt Großstadthühner gemeinschaftlich finanzieren. Wir glauben, dass Menschen, die sich für gute Qualität, regionale Erzeugung, faire Arbeitsbedingungen und die bestmögliche Haltung von Tieren gern aktiv die Landwirtschaft in und um Frankfurt einbringen möchten. Das können sie mit diesem Projekte und gehen gemeinsam mit uns wieder einen Schritt näher in Richtung urbane Selbstversorgung zu kommen. Und wer weiß, vielleicht können wir gemeinsam mit diesem Pilotprojekt andere Städte, Menschen und Landwirte zu ähnlichen Aktionen inspirieren.
Was werdet Ihr mit dem Geld anfangen?
Bei Erreichen des ersten Fundingziels haben wir genug Eigenkapital, um von einer Öko-Bank unseres Vertrauens einen fairen Kredit zu bekommen. Unser Ziel ist aber eine lebendige, große Gemeinschaft, die gemeinsam nachhaltige, lokale Landwirtschaft betreiben kann. Deswegen möchten wir dieses Projekt auch gemeinschaftlich finanzieren und mit dem Erreichen des zweiten Fundingziels einen mobilen Hühnerstall, 200 Hennen, Futter und einen Zaun kaufen und so ein sicheres Hühner-Zuhause in Frankfurt-Oberrad bauen.
Was ist aktuell die größte Herausforderung für Euch?
Offen gestanden ist es die Masse an Aufgaben, die uns jeden Tag beschäftigt. Die Höfe und Felder werden gepflegt und bewirtschaftet, wir ernten ständig und packen Gemüsekisten für unsere Mitglieder. Wir stehen in kontinuierlichem Austausch mit der Stadt Frankfurt und den Kooperative-Höfen, kämpfen unaufhörlich gegen die kleinen und großen Stolperfallen mit denen landwirtschaftliche Betriebe so konfrontiert sind und natürlich stehen wir in regem Austausch mit unseren Genossenschaftsmitgliedern, um sie zu informieren und zu involvieren.
Welchen Tipp würdet Ihr anderen Crowdunding-Projekten mit auf den Weg geben?
Das wichtigste ist eine wasserdichte Kalkulation auf der einen Seite und ausreichende Ressourcen für intensive Kommunikation auf der anderen. Die Kalkulation ist das A und O, wenn man nicht nach Erreichen des Funding-Ziels feststellen möchte, dass man sich verrechnet hat und der ganze Aufwand umsonst war. Zwar heißt das, dass man schon im Vorfeld einen hieb- und stichfesten Plan braucht, was mit viel, viel Arbeit einhergeht, aber der Aufwand lohnt sich, um dann auch direkt loslegen und seine Ziele erreichen zu können. Das Zweite, die Kommunikation, ist mindestens ebenso essentiell und ebenso aufwändig, denn auch das tollste Projekt kann keine Finanzierung erhalten, wenn niemand davon weiß. Deswegen sollte man sich unbedingt Gedanken machen, welche Kanäle und Medien die Zielgruppe, die man ansprechen möchte, nutzt und mit welchen Inhalten man seine Mitstreiter erreichen und aktivieren kann.