EcoCrowd ist die neue Crowdfunding-Plattform im nachhaltigen Bereich und folgt so dem im Moment boomenden Geschäftsfeld der Schwarmfinanzierung. Hinter der Plattform steht eine der größten deutschen Stiftungen: Die Deutsche Umweltstiftung. Wir haben Jamila Mohme, Projektleiterin bei EcoCrowd, im Interview.
Hallo Jamila, erzähle uns doch zunächst mal etwas über Dich. Was machst du?
Ich habe International Management studiert, mit Fokus auf Sustainable Entrepreneurship und Sustainable Economy. Danach habe ich in Holland und Deutschland die Startup-Szene kennengelernt, bevor ich im letzten Jahr zur Deutschen Umweltstiftung gekommen bin. Hier leite ich jetzt das Projekt EcoCrowd, eine Crowdfunding-Plattform speziell für nachhaltige Projekte, die im Oktober online geht.
EcoCrowd ist eine neue Crowdfunding-Plattform für nachhaltige Projekte und Startups. Wie ist das Portal entstanden?
Die Deutsche Umweltstiftung ist die älteste Bürgerstiftung Deutschlands. Als solche bekommt sie immer wieder Anfragen von spannenden nachhaltigen Projekten, die Finanzierung benötigen. Auf der anderen Seite haben wir ein sehr großes Netzwerk, das an genau solchen nachhaltigen Ideen interessiert ist. EcoCrowd ist aus dem Gedanken entstanden, diese beiden Gruppen zusammenzubringen und die Menschen, die sich in Deutschland für eine nachhaltige Zukunft engagieren, an einem Ort zu versammeln. Wir wollen zeigen, welche Vorwärtsenergie da eigentlich existiert, die Ideen für jeden erlebbar machen und quasi ein „Schaufenster der Nachhaltigkeit“ schaffen.
Mittlerweile gibt es ja schon einige Plattformen im Bereich Crowdfunding: Wie hebt ihr euch von anderen Plattformen ab?
Wir veröffentlichen auf EcoCrowd ausschließlich nachhaltige Projekte und zielen damit auf eine sehr viel spitzere Zielgruppe ab als andere Plattformen. Um unseren Projekten die besten Chancen zur Realisierung zu geben, beraten wir erstens jedes Projekt persönlich und legen zweitens einen Fokus auf Qualität statt auf Quantität. Deshalb haben wir uns entschieden, nie mehr als 20 Projekte gleichzeitig auf der Plattform zur Finanzierung zuzulassen. So verlieren unsere Nutzer nicht den Überblick und jedes Projekt bekommt die Aufmerksamkeit, die es verdient.
Außerdem haben wir sehr lange Erfahrung in der Realisierung nachhaltiger Projekte, strenggenommen ist ja die Deutsche Umweltstiftung selbst das beste Beispiel für erfolgreiches Crowdfunding, auch wenn es den Begriff bei ihrer Entstehung 1982 noch gar nicht gab. Wir sind damals von über 300 Bürgerinnen und Bürgern gegründet worden und seitdem kamen immer mehr Stifterinnen und Stifter hinzu, so dass mittlerweile über 2100 Stifter hinter uns stehen, die unterschiedliche Beträge in das Stiftungsvermögen eingebracht haben. In dieser Zeit wurden von der Stiftung über 300 nachhaltige Projekte realisiert, oft mit kleinsten Budgets und sehr viel auf ehrenamtlicher Basis. Wir wissen also genau, wie schwer es ist, gute Projekte mit ausreichend Mitteln auszustatten und es liegt uns am Herzen, genau solchen Projekten zur Realisierung zu verhelfen. In EcoCrowd fließen also über 30 Jahre Erfahrung in nachhaltiger Projektfinanzierung und -umsetzung mit ein.
Wie schafft man es, sein Projekt auf EcoCrowd zu präsentieren? Gibt es Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen?
Um sicher zu sein, dass die Ideen auf EcoCrowd auch wirklich zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen, haben wir zusammen mit unserem Expertenbeirat einen Leitlinienkatalog entwickelt, auf dessen Basis wir die Projekte persönlich prüfen. Da geht es nicht nur um die Wirkung, die das Projekt auf die Umwelt hat, sondern auch um die Ressourcen, die zur Umsetzung eingesetzt werden. Außerdem achten wir darauf, dass die Idee wenn möglich auch an anderen Orten umgesetzt werden kann und außerdem ist es immer spannend, wenn es außer der finanziellen Beteiligung auch noch andere Möglichkeiten gibt, sich zu engagieren.
Crowdfunding ist eine neue Art der Finanzierung: Hat es sich aber bereits als feste Finanzierunsalternative etabliert? Was sind Vorteile von Crowdfunding?
Als die Deutsche Umweltstiftung vor 3 Jahren angefangen hat, über EcoCrowd nachzudenken, war Crowdfunding in Deutschland noch fast unbekannt. Im Gegensatz dazu sind wir jetzt mit unserem Plattform-Launch geradezu in einen Boom hineingeschlittert, denn momentan scheint ja jeder über Crowdfunding zu reden. Dabei vergisst man leicht, dass ein großer Teil der Bevölkerung trotzdem noch nie Teil eines Crowdfunding-Projektes war, ob als Initiator oder als Unterstützer. Von daher ist da noch wahnsinnig viel Luft nach oben. Gerade auch weil Crowdfunding eben so viele Vorteile bietet: Neben der Finanzierung haben Projektinitiatoren die Möglichkeit, ihre Unterstützer zu begeistern und emotional an sich zu binden. Daraus können richtige Communities entstehen, die eine ganz eigene Dynamik entwickeln. Mit einem Kredit bei der Bank passiert so was nicht.
Insbesondere beim Thema Nachhaltigkeit bietet Crowdfunding natürlich auch noch einen anderen entscheidenden Vorteil. Menschen, die sich vornehmen, die „Welt zu ändern“, sehen sich oft vor dem Problem, dass Sie sich allein zu klein fühlen, um wirklich etwas zu bewirken. Beim Crowdfunding schließen sich viele Menschen für ein Ziel zusammen und so wird aus vielen einzelnen Beiträgen schnell eine große Masse die etwas ins Rollen bringt. Ich glaube, deshalb erfährt EcoCrowd auch so viel Zuspruch: weil es den Leuten die Gewissheit gibt, irgendwo anfangen zu können.
Zum Abschluss noch eine Frage an Dich persönlich: Was reizt Dich an dem Thema Nachhaltigkeit?
Ich habe Wirtschaft studiert, ein Studiengang in dem seit Jahrzehnten die Profitmaximierung im Vordergrund steht und es immer darum geht, wie man wächst, wächst, wächst. Und irgendwann saß ich in einer Vorlesung und dachte „Was macht ihr denn da? Das ist doch völlig an der Realität vorbei!“ Denn die Ressourcen, auf die wir dafür momentan angewiesen sind, bieten einfach keine Basis, um immer weiter zu wachsen. Die sind irgendwann alle. Ich glaube, dass unsere Generation gerade einen Punkt erreicht, an dem uns das langsam bewusst wird. Und an dem wir realisieren: „Hey, es gibt ja auch Alternativen. Und die machen sogar Spaß, wir müssen nur kreativ werden!“ Manchmal bedeutet Nachhaltigkeit aber auch, sich auf altes Wissen zu besinnen, auf Tipps von Oma, die wir schon fast vergessen haben. Zum Beispiel Sachen zu reparieren, statt sie wegzuschmeißen oder Obst und Gemüse anbauen und einmachen statt zu kaufen.
Diese Kombination von radikalen Innovationen auf der einen Seite und der Besinnung auf altes Wissen auf der anderen finde ich mega spannend!