18.12.2014 – Für aufstrebende Start-ups wird das Coworking-Prinzip als günstigere Alternative zu einem eigenen Büro immer populärer. Denn es beflügelt die eigene Produktivität und verbindet die richtigen Menschen im Arbeitsalltag miteinander.
Um Punkt 8 Uhr jeden Morgen nimmt Chef wie Angestellter im Büro Platz, bereit das Tagwerk genau dort wieder aufzunehmen, wo man es gestern Abend um Fünf liegen gelassen hat. Man kennt mittlerweile jeden Zentimeter auf dem Rechteck seines Schreibtisches auswendig, die gelegentlichen Macken seines Arbeitsrechners, seine Kollegen, den Blick aus dem Fenster. Ein gleichbleibender Arbeitsalltag kann für manch einen die exakt richtige Dosis Sicherheit und gewohnte Umgebung bieten oder auf einen anderen vollkommen impulslos und demotivierend wirken.
Für diese anderen — Freiberufler mit Drang nach Tapetenwechsel, kleinere Start-ups mit spärlichem Budget, junge Existenzgründer oder andere Arbeitsnomaden der Selbstständigkeit — gibt es das Coworking. Als allmählich populär werdendes Arbeitsplatz-Konzept erlaubt es den oft zufällig jeden Tag zusammentretenden Arbeitswilligen, in großen Räumen nebeneinander zu arbeiten und in indirekter oder direkter Weise voneinander zu profitieren.
So genannte Coworking Spaces bieten vor Ort professionelle Ausstattung und Location für berufliche Anforderungen (WLAN, Scanner, Drucker, Postfächer, Telefonanschlüsse, Fax, Beamer, großräumige Arbeitsplätze und Tagungsräume). Diese können unverbindlich und zeitlich flexibel auf Tages-, Wochen- oder Monatbasis angemietet und genutzt werden. Manche Spaces bieten feste Arbeitsplätze, wieder andere mischen absichtlich täglich die Platzzugehörigkeiten durch, um neue Kontakte zu ermöglichen.
Ökonomisch gesehen liefert das Coworking einen großen Vorteil durch die weitaus geringeren Fixkosten, die aus der Nutzung des flexibleren Angebots im Vergleich zu herkömmlich gemieteten Arbeitsplätzen hervorgehen. Auch können sich Unternehmen die Spaces zu Nutzen machen, wenn durch umfangreiche Projekte die Kapazitäten der eigenen Räumlichkeiten für eine höhere Anzahl an Arbeitern nicht ausreichen.
Allerdings zeichnet eine noch viel größere Errungenschaft das Beisammensein mit anderen Kreativen, Innovativen und Engagierten aus. Wer sich in seinem Arbeitsalltag nicht vollkommen abschotten möchte, hat die Möglichkeit, sich mit seinen neuen Kollegen in einer Coworking-Community zu organisieren. Dabei profitiert er automatisch von gemeinsamen Veranstaltungen (Workshops, Vorträge von Coworkern für Coworker, After-Work-Events) und natürlich vom sich stetig erneuernden Angebot qualifizierter Fachkräfte in seiner nächsten Umgebung. Die Gewinnung eines neuen, vielversprechenden Talents für das eigene Projekt ist um vieles einfacher, wenn man natürlicherweise schon für Wochen nebeneinander gearbeitet hat und einander genau einschätzen kann.
Aber auch ohne Recruitment-Absichten bieten Coworking-Spaces durch das wechselnde Publikum eine fruchtbare Basis für innovative Konzepte. Entrepreneure können sogar absichtlich einzelne Mitarbeiter oder Abteilungen in den Bereichen Forschung und Entwicklung in Coworking Spaces platzieren, um mit der Öffnung des Innovationsprozesses (sog. „Open Innovation“-Prinzip) für das anwesende Angebot an Fachkräften die Chancen auf schnellere und bessere Weiterentwicklung zu nutzen. In den USA, dem Ursprungsland des Coworking, sind zur Verstärkung dieser Wechselwirkungen oft Startup-Inkubatoren an die Spaces geknüpft, die wachstumsstarke Start-ups rechtzeitig erkennen und fördern sollen.
Die Höchstzahlen von Coworking-Spaces konzentrieren sich dementsprechend mit 800 Büros auf die USA, aber auch die europäischen Metropolen ziehen allmählich mit entsprechenden Angeboten nach. Besonders in Berlin als Sammelpunkt der deutschen Startup-Szene gibt es um die 45 Einrichtungen für Coworking. Weltweit zeigt sich mit knapp 2.500 Büros eine erfreuliche Wachstumskurve für dieses neue Konzept. Es scheint, als würden Freiberufliche und junge Startups die Mischung aus externen Arbeitskollegen und zu gewissem Maße wechselndem Berufsumfeld immer mehr zu schätzen wissen.
Für viele Selbstständige etabliert sich damit allmählich eine echte Alternative zur beruflichen Einsamkeit ohne frische Eindrücke oder Veränderung. Wenn Teilnehmer am Coworking abends ihren Arbeitsplatz räumen, den Rechner ausstellen und ihren Kollegen einen erholsamen Feierabend wünschen, dann haben sie meistens einen produktiveren Tag mit mehr Impulsen, konstruktiver Kritik und anregenden Gesprächen hinter sich, als es im klassischen Homeoffice jemals möglich wäre.
Zur Autorin:

Miriam Wöllner (23) ist Studentin des Kommunikationsdesigns mit Spezialisierung auf Text, Kommunikation und Illustration. Ihre Interessen schließen soziale Beziehungen im Arbeitsalltag, Social Media und Literatur ein. Sie ist Redakteurin der Website deutschland-startet.de, einem Portal, das Existenzgründern und Start-ups aktuelle Nachrichten über staatliche Förderung, Gesetzesänderungen und Ratschläge rund um Unternehmensgründung zur Verfügung stellt.