Vor Kurzem erzählte mir eine Freundin, die sich ehrenamtlich im Taubenschutzverein Würzburg engagiert, von einem besonderen Einsatz. Beim Spaziergang fand sie einen abgemagerten, kranken Igel – zu schwach, um sich einzugraben oder Nahrung zu suchen. Zum Glück wusste sie, was zu tun war: Sie kontaktierte Igelschutz-Ehrenamtliche, die ihr halfen, den Igel – liebevoll Paula-Fritz getauft – wieder aufzupäppeln. Sie hat Medikamente bekommen und wieder an Gewicht zugelegt. Heute geht es Paula-Fritz besser steht kurz vor der Auswilderung.
Diese Geschichte hat mich darauf aufmerksam gemacht, wie schlecht es dem Igel geht. Der Igel ist Wildtier des Jahres 2024 – und kämpft ums Überleben. Und dabei gehört der Igel zu den ältesten Säugetieren der Welt, ihn gibt es schon seit mehreren Millionen Jahren. Doch jetzt steht er dieses Jahr erstmals als potenziell gefährdet auf der Roten Liste der IUCN. Warum ist das so? Und wie können wir helfen?
Warum der Igel bedroht ist
Gefährliche Gärten. Mähroboter, Heckenscheren oder chemische Gartenmittel wie Dünger und Unkrautvernichter verletzen oder vergiften Igel immer wieder. Besonders im Herbst, wenn die Natur „aufgeräumt“ wird, sind sie gefährdet.
Klimawandel und milde Winter. Durch die Erderwärmung kommt es bei den Igeln immer häufiger zu Spätgeburten. Die Jungtiere haben dann zu wenig Zeit, um sich Fettreserven für den Winterschlaf anzufressen. Und wachen nach dem Winter einfach nicht mehr auf. Oft sind auch die Muttertiere ausgehungert, denn es gibt immer weniger Insekten und somit auch immer weniger Nahrung. Außerdem zwingen die schwankenden Wetterverhältnisse den Igel, seinen Stoffwechsel immer wieder hochzufahren und damit lebensnotwendige Reserven aufzubrauchen – ein Energiekiller.
Zu wenig Futter. Innerhalb von 27 Jahren hat die globale Biomasse der Insekten um 76 % abgenommen. Jedes weitere Jahr verlieren wir mindestens weitere 2,5 %. Weltweit sind inzwischen 40 % aller Insektenarten vom Aussterben bedroht. Als Insektenfresser finden Igel immer weniger Nahrung. Die Folgen: Hunger, Zahnprobleme und geschwächte Abwehrkräfte.
Wie wir dem Igel helfen können
Naturnahe Gärten. Weniger ist mehr im naturnahen Garten. Wer nicht seinen gesamten Garten naturnah gestalten möchte, kann selbst mit kleinen, igelfreundlichen Ecken großes bewirken. Reisig- oder Laubhaufen dienen nicht nur als Versteck, sondern auch als hervorragende Nahrungsquelle – denn dort fühlen sich Insekten wohl. Das ist übrigens nicht nur im Winter wichtig, sondern auch im Sommer. Denn die heißen Temperaturen machen den Igeln ebenfalls sehr zu schaffen. Für den Sommer gibt es hier weitere Informationen.
Zusätzlich kann mit Futterhäuschen inklusive nahrhaftem Futter über das ganze Jahr ausgeholfen werden. Gartenzäune sollten Öffnungen vorweisen, um unüberwindbare Hindernisse und Gefahren für die Tierwelt zu vermeiden. Zudem sollten Mähroboter in der Dämmerung und nachts unbedingt ausgeschaltet bleiben. Hecken und Gebüsche sollten vor Schneidearbeiten unbedingt sorgfältig abgesucht werden. Mehr Tipps für einen igelfreundlichen Garten findet ihr hier und hier auf der Seite vom NABU.
Hilfsbedürftige Tiere erkennen: Verletzungen, Tagaktivität, schwankender Gang, starker Husten oder Sonnenbaden sind erste Anzeichen. Kranke und geschwächte Tiere sind zudem meist stark von Milben, Fliegeneiern oder sogar Maden befallen, haben einen eine schmale Körperform und allgemein ein schlechtes Erscheinungsbild. Der Bund Naturschutz hat eine grafische Darstellung veröffentlich, worauf bei der gesundheitlichen Einschätzung zu achten ist.
Professionelle Hilfe holen: Ein ausgehungerter Igel darf auf keinen Fall eigenständig gefüttert werden. Ein Igel mit Hungerdarm kollabiert bei zu viel Futter – 95 % davon sterben. Stattdessen sollte stets die Hilfe von erfahrenen Personen gesucht werden. Dazu zählen Igelfachleuten, gegebenenfalls auch Tierarzt oder Igelstationen. Dazu finden sich online diverse – meist regionale – Vereine und Hilfsorganisationen. Hier findet ihr Igelstationen nach Postleitzahl. Auch auf den lokalen NABU-Webseiten finden sich entsprechende Telefonnummern für Stationen, die sich um Igel kümmern. Hier zum Beispiel in Metzingen, den Odenwaldkreis, Kreis Emendingen.
Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V. hat eine Übersicht veröffentlich, was bei einem Igelfund zu tun ist.
Informieren und unterstützen. Es gibt viele lokale Hilfsangebote. Zumeist ehrenamtlich. In München gibt es zum Beispiel die Aktion Tierrettung. In Fürstenfeldbruck gibt es ebenfalls eine ehrenamtliche Igelhilfe. Sucht doch einfach mal in eurem Umkreis – vielleicht könnt ihr helfen, spenden, oder wisst im Notfall einfach, wohin ihr euch wenden könnt. Der BUND Naturschutz hat dazu eine grafische Darstellung veröffentlicht.
Der Verein Pro Igel setzt sich seit 1988 für den Schutz und die Förderung des einheimischen Igels und seiner Lebensräume ein. In konstruktiver Zusammenarbeit mit Behörden und Privaten wird die Bevölkerung für die Bedürfnisse und Gefahren sensibilisiert, welche den Igel und andere Wildtiere im Siedlungsraum bedrohen.. Auf ihrer Webseite teilen sie wertvolle Merkblätter und weitere Informationen.
Ein wichtiger Teil der Natur
Der Igel ist mehr als ein süßes Wildtier – er ist ein Indikator für die Gesundheit unserer Umwelt. Sein Rückgang zeigt, dass unser Ökosystem aus dem Gleichgewicht gerät. Jede:r von uns kann dazu beitragen, Lebensräume zu erhalten und diese faszinierenden Tiere zu schützen.
Lasst uns handeln: Ob mit einem naturnahen Garten, der Unterstützung von Initiativen oder Ehrenamt – gemeinsam können wir dem Igel eine bessere Zukunft bieten!